Der Helm allein ist zu wenig

Rollerfahrer sind oft nur in T-Shirt und Flip Flops unterwegs. Fachleute fordern schärfere Gesetze und mehr Aufklärung.

Düsseldorf. Nasses Laub in der Kurve, ein kurzer Schlenker, ein Knall - eine typische Szene für einen Motorradunfall. "Viele Jugendliche fahren in Flip Flops und T-Shirts Roller, da kommt einem das Grauen", sagt Peter Kleinert, Motorradfahrlehrer der City-Fahrschule am Wehrhahn.

Unverantwortlich finden so etwas Vera und Klaus Luckei. "Wer einmal hingefallen ist, fährt nie mehr ohne Schutz", meint der 70-Jährige. Er und seine Frau sind immer mit Jacke, Hose und Stiefeln unterwegs. "Nur die Handschuhe lassen wir bei Hitze weg", sagt Vera Luckei.

"Viele Neulinge wollen möglichst schnell auf die Straße und denken nicht an die Kosten", erklärt der Düsseldorfer Polizeisprecher Markus Niesczery. Weil Führerschein und der Kauf des Gefährts sehr teuer seien und häufig nicht an Folgekosten wie Steuern und Reparatur gedacht werde, stehe für Schutzbekleidung oft kein Geld mehr zur Verfügung.

Dabei könnten einer Erhebung der Polizei im Saarland zufolge 90Prozent aller Verletzungen bei Rollerunfällen verhindert werden. Gesetzlich vorgeschriebenen ist nur ein Helm nach europäischer ECE 22-Norm (Economic-Commission for Europe).

Fahrlehrer Peter Kleinert stellt die Helmpflicht nicht zufrieden. "Stiefel, Jacke und Handschuhe müssten vorgeschrieben sein", fordert der 49-Jährige. Auch das Argument des fehlenden Geldes gilt für ihn nicht. "Ständig erlebe ich, dass Eltern eine komplette Ausrüstung kaufen, die die Jugendlichen aber nicht tragen, weil sie cool aussehen wollen."

Die Polizei würde verschärfte Bestimmungen zur Schutzkleidung ebenfalls befürworten. "Dafür müsste aber eine neue europäische Norm her. Das ist langwierig", sagt Markus Niesczery.

Idealerweise gehört zur Ausstattung eine Kombination aus Jacke und Hose mit Protektoren an Armen, Schultern und Knien. "250 Euro muss ein Jugendlicher dafür investieren", sagt Erdogan Metin, Geschäftsleiter des Zweiradzubehörhändlers Hein Gericke in der Adersstraße. Verstärkte Stiefel und abriebfeste Handschuhe runden das Schutzpaket ab. "Besonders Handschuhe werden oft vernachlässigt", weiß Metin, "dabei sind die Hände bei einem Sturz zuerst betroffen."

Vor dem Fahren ohne Handschuhe und Stiefel warnt auch Dr. Michael Wild. "Wir sehen häufig schwerste Hautabschürfungen und Brüche an Händen und Unterschenkeln", sagt der Oberarzt der Unfall- und Handchirurgie an der Uniklinik. Auch empfiehlt er das Tragen von Motorradkombis. "Oft resultieren aus Unfällen bei langsamer Geschwindigkeit schwere Verletzungen, weil die Patienten nur in Jeans und T-Shirt fahren". Eine schärfere Reglementierung hält Wild aber für den falschen Weg. "Es müsste mehr Aufklärung geben", meint der 43-Jährige.

Dazu startet die baden-württembergische Zubehörfirma Motorrad-Ecke jetzt die Initiative "1000 Jacken für NRW". Ab 14. September können sich Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren im Internet um eine kostenlose Motorradjacke bewerben. "Die Jacken sind den modischen und sicherheitstechnischen Anforderungen jugendlicher Rollerfahrer angepasst", sagt Georg Wahlicht, Geschäftsführer des Unternehmens.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort