Serie Der diskrete Strippenzieher am Schauspielhaus

Niall Potter ist Regieassistent am Schauspielhaus Düsseldorf. Wir haben ihn bei den Proben zu „Menschen im Hotel“ begleitet.

Serie: Der diskrete Strippenzieher am Schauspielhaus
Foto: Laki

Düsseldorf. Bis jeder Satz, jede Bewegung, jede Geste und jeder Blick perfekt sitzt, bedarf es viel Arbeit. Hinter den magischen Theaterwelten, die jeweils aufs Neue uns eine eigene Wahrheit vor Augen führen, stehen Wochen, wenn nicht Monate, intensiver Vorbereitung.

Serie: Der diskrete Strippenzieher am Schauspielhaus
Foto: Laki

Bei dieser Vorbereitung, bei den Proben und all dem was drum herum zu erledigen ist, spielt der Regieassistent eine tragende Rolle. Er sorgt dafür, dass alles funktioniert, dass alle Schauspieler zur rechten Zeit da sind. Er übernimmt das organisatorische Abstimmen der Proben. Er spricht mit dem Regisseur ab, was jener an dem jeweiligen Tag machen möchte, was dafür vorweg geplant werden muss. Regieassistenten sind so etwas wie ein Scharnier, ein Katalysator zwischen künstlerischem Betriebsbüro des Theaters und Regisseur. Zudem führen sie das Regiebuch, in dem alles das verzeichnet wird, was während der Proben passiert.

Und doch halten sie sich stets diskret im Hintergrund, werden nur selten wirklich wahrgenommen. Das wollen wir in unserer Serie über Theater-Menschen am Schauspielhaus Düsseldorf ändern und begleiten Niall Potter bei seiner Arbeit: Bei den Proben zu Sönke Wortmanns „Menschen im Hotel“, das am 14. September Premiere feiern wird.

Die Probebühne wird von Schauspielern bevölkert. Überall herrscht ruhiges aber stetes Treiben. Dort liest einer noch in seinem Text, hier sprechen andere noch kleinere Details ab. Vor dem Bühnenbild ist ein großer Tisch aufgebaut, dort werden zunächst alle Platz nehmen, um die Szene die heute auf dem Probenplan steht, durchzusprechen. Ein besonderer, hochkonzentrierter Moment. Doch bevor es losgehen kann bleibt ein wenig Zeit zum Plaudern.

Potter wollte zuerst Schauspieler werden, doch dann habe er sich Richtung Regie entwickelt, erzählt er. Studiert hat er an der Universität von Bristol, „Theater and Performance“, bei der alle Aspekte des Theaters abgedeckt werden. Im nächsten Schritt sind dann Spezialisierungen möglich. „Und ich habe dann auch bald angefangen, selbst zu inszenieren”, sagt Potter und erläutert: „Ein Teil von mir will selber Regisseur sein und da ist auch das kreative Denken dabei.”

Doch sind die Aufgaben, die er hier in Deutschland als Regieassistent zu erledigen hat, etwas andere, als kreativ mitzugestalten.“ Ich habe auch hauptsächlich in der englischen Theaterszene gearbeitet und ein bisschen in der niederländischen“, führt Potter aus.

„Die Rolle eines Regieassistenten ist in Deutschland sehr anders. In England würde man diese Rolle eines Regieassistenten eher als Produzent oder Stagemanager bezeichnen. In England hat der Regieassistent mehr eine kreative Unterstützungsrolle, fast so wie die Dramaturgen hier”, verdeutlicht der Halbschotte Potter die Unterschiede. Er nimmt noch einen letzten Bissen aus seiner Sushi-Box, die Zeit drängt.

Nach dem Durchsprechen der Szene und einigen kleinen, überaus demokratisch wirkende Diskussionen um inszenatorische Details beginnt die eigentliche szenische Probe. Potter verfolgt das Geschehen aufmerksam. Mit wechselndem Blick, wie dem eines Autofahrers in den Rückspiegel, zwischen Laptop — dem wichtigsten Handwerkszeug eines Regieassistenten — und Probengeschehen. Notiert Anmerkungen in seinen Laptop.

Hin und wieder spricht er rasch mit Wortmann, um Dinge abzuklären. Kurz verschwindet er im labyrinthartigen Dickicht der Flure der Probebühne, um sich auf die Suche nach einem Schauspieler zu machen, der doch noch mal gebraucht wird. Dann wiederum beobachtet und notiert er mit Argusaugen, was Wortmann zu dieser oder jener szenischen Episode anzumerken hat. Es muss ja später alles im Regiebuch nachlesbar sein. Hier eine Textänderung, dort eine Veränderung im Zeitplan.

Doch merkt man auch, dass Potter sichtlich viel Freude daran hat, den großen Meister bei der Arbeit beobachten und alles, was er sieht und hört, in sich aufsaugen zu können. „Es ist sehr schön, zu beobachten, wie der jeweilige Regisseur arbeitet. Das ist einer der Hauptgründe das zu machen”, verrät er in einer Probenpause. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt indes nicht, denn dann klingelt plötzlich wieder das Handy, vielleicht muss doch noch etwas umdisponiert werden. Allein einen Regisseur wie Wortmann tagtäglich bei der Arbeit aktiv begleiten zu können, dürfte den Stress, den der Job eines Regieassistenten mit Sicherheit mit sich bringt, vergessen machen.

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