Das letzte Jahr der Apostelkirche

Am Neusser Tor wurde so leidenschaftlich wie selten diskutiert. Doch inzwischen steht der Termin für den Abriss.

Düsseldorf. Selten hat ein Thema die Gemüter in Gerresheim so sehr erregt wie der bevorstehende Abriss der Apostelkirche. Unzählige Menschen debattierten kontrovers am WZ mobil, das am Neusser Tor stand. Schüler von der Gräulinger Straße entrollten Transparente. Eine Flut von Mails und Faxen traf derweil in der Redaktion ein.

Das Erstaunliche an der Debatte ist, dass die Fronten verhärtet sind. Der Disput zwischen den Befürwortern der Abriss-Pläne um Pfarrerin Cornelia Oßwald als Vorsitzende des Presbyteriums und dem Aktionsbündnis für den Erhalt des Gotteshauses an der Benderstraße führt zu keiner Einigung. Anlieger, Politiker, Presbyter, ja selbst Katholiken beteiligten sich am Gespräch, das hart aber fair geführt wurde und möglicherweise noch lange nicht beendet sein wird.

FDP-Sprecher Sönke Willms-Heyng heizte die Atmosphäre mit folgender Bemerkung an: "Die Kirche hat einen anderen Auftrag, als die Verlust bringenden Immobilien zu behalten, die Schrott-Immobilien sind."

CDU-Ratsfrau Rosemarie Theiß unterstützte ihn: "Ein Immobilienträger muss das Recht haben, mit seiner Immobilie zu planen, was er will." Derlei Bemerkungen verärgerten Andrea Osche: Der Begriff einer Schrott-Immobilie sei ausschließlich am Geld orientiert. Zu denen, die das merkantile Denken der Gemeindeleitung kritisierten, gehörte Thomas Hartung. Er fragte: "Warum soll alles aus Profitstreben vernichtet werden. Ist es Mode geworden, dass die Evangelische Kirche ihre Gebäude abreißt?"

Pro: Wie Felsen in der Brandung der vielen Gegner standen Pfarrerin Cornelia Oßwald, Presbyterin Angelika Bracken, Pfarrer Paul Joachim Schnapp und der pensionierte Seelsorger Harald Schneyder. Ihr Argument lautete: "Man muss in Menschen und nicht in Steine investieren."

Bei nur noch knapp 9000 Protestanten in Gerresheim sollen immerhin alle fünf Pfarrstellen einschließlich der Krankenhaus- und Altenheim-Seelsorger erhalten bleiben. Aber der Gemeinde bleibt nur die Gustav-Adolf-Kirche als Gotteshaus. Die Apostelkirche soll noch in diesem Jahr abgerissen werden. Unter Schutz steht sie nicht.

Contra: Die Gegner, die die Apostelkirche retten wollen, reagierten betroffen. "Wir sind sehr ratlos", sagte Wilfried Kratzsch, der die Kirche auch als Konzertsaal und Begegnungsstätte für Jung und Alt sieht. Andreas Zimmermann und Ellen Böhm sehen in der Apostelkirche einen Ort, der Identität stiftet: "Die Apostelkirche bleibt immer unsere Heimat. Die wollen wir nicht verlieren."

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