Das Eier-Kabinett im Aquazoo

Rund 8500 Eier liegen im Magazin des Löbbecke-Museums. Auch die Mitarbeiter machen dort immer wieder überraschende Entdeckungen.

Der Weg zu den Eiern ist lang und dunkel. Doch wer sie sucht, der wird tief unten im Keller fündig. Wer sich dort zurechtfindet, der arbeitet schon lange hier. Und wer sich hier verirren sollte, der hat hoffentlich guten Handyempfang. Vorbei an unzähligen Türen, vorbei an Insektenbrutstätten, doch dann ist es auf einmal da: das Magazin des Aquazoos.

Das Eier-Kabinett im Aquazoo
Foto: Melanie Zanin

Fernab von der Öffentlichkeit schlummert hier so manche Kuriosität vor sich hin. Genauer: Kuriositäten und davon mindestens 8500 Stück. Denn o groß ist die Eier-Sammlung des Löbbecke-Museums. Sie sind riesig, groß, klein, bunt, grau... (allein hier könnte man jetzt endlos aufzählen). Sie ruhen in leicht angestaubten roten Lederkisten, die mit goldenen Lettern in Sütterlin beschriftet sind.

Wie viele Kisten es sind? Präparator Ulrich Rathert, der seit 37 Jahren für das Haus arbeitet, weiß es nicht. Er weiß nur eines: Es sind ganz schön viele, denn es sind ja auch ganz schön viele Eier.

Theodor Löbbecke (1821 bis 1901) hatte die Sammlung von seinem Onkel geschenkt bekommen. Sammeln gehörte damals zum guten Ton. Doch auch die Eiersammlung von Pierre Ghilain, Konsul von Monaco, gehört seit 1964 dazu.

Kiste Nummer 43. 4. Ordnung Gesämefresser. 155: Bluthänfling, 156: Berghänfling. Langsam zieht Ulrich Rathert die Kiste gemeinsam mit Institutsleiter Jochen Reiter aus dem Stapel. Nun darf keine Hand zittern. Es handelt sich um eine äußerst fragile Angelegenheit. Geschafft. Vorsichtig öffnet Ulrich Rathert die Kiste. Jochen Reiter schaut gespannt. Was sich im Inneren verbirgt, wissen die Beiden noch nicht. Überraschung. Im Klappendeckel befinden sich filigrane, bunte Zeichnungen der Vögel. Daneben, noch versteckt unter Watte, liegen ihre Eier. Und in diesem Fall sind es recht kleine. Der Name des Bluthänflings klingt wohl schlimmer als sein Besitzer.

Ulrich Rathert läuft in einen anderen Gang und kommt mit einer großen Schachtel wieder, in der sich verzierte Straußeneier befinden. „Hier haben wir ein Räuchergefäß aus dem vorderen Orient. Es ist reliefartig bearbeitet“, erklärt Rathert. Dann zieht er die nächste Schachtel aus dem Regal. Es ist — Überraschung — das Ei eines Oviraptors. Okay, zugegeben, doch nicht ganz „Jurassic Park“, es ist der Abguss eines Raptor-Eis aus der Mongolei. Aber weltweit wurde auch nur eines gefunden.

Haben Ulrich Rathert und Jochen Reiter eigentlich je mal ein Ei fallen lassen? Glücklicherweise nicht. Doch ein schreckliches Malheur soll sich vor Jahrzehnten einmal im Magazin zugetragen haben. Ein Ehrengast ließ das Ei des ausgestorbenen, flugunfähigen Seevogel Riesenalk fallen, und es zerbrach. Es musste in mühevoller Arbeit restauriert werden.

Seitdem verfügt das Magazin über einen Safe. Dort ruht das reparierte Riesenalk-Ei. Aber Überraschung, anfassen darf es wohl keiner mehr.

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