Boxen: „Du musst lernen, wer du bist“

Bei Trainer Rafik Trabelsi geht es nicht ums Draufhauen, sondern um Selbstbewusstsein für die Anfängerinnen.

Boxen: „Du musst lernen, wer du bist“
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Boxen ist was für „harte Jungs“, die drauf hauen, bis einer umfällt. Längst ist dieser Sport sein Proleten-Image los und überhaupt: Über besseres Fingerspitzengefühl und mehr Disziplin beim Boxen verfügen sowieso die Frauen. Davon ist Rafik Trabelsi überzeugt, der in seinem Studio an der Klosterstraße Box-Kurse für Frauen gibt. Wir haben bei einer Trainingsstunde die Basics getestet. Beinarbeit ist die Grundlage. Sieht ein wenig wie Tanzen aus. Und dann ist da diese Bewegung aus der Hüfte. Vor allem muss es aber im Kopf „Klick“ machen: dass die Beine etwas ganz Anderes machen als die Arme, die angewinkelt abwechselnd nach vorne schnellen. Koordination eben.

Etwa zwei Dutzend junge Mädchen und Frauen trainieren heute hier. Im Trainingsraum gibt es einen Boxring. Zahlreiche Boxsäcke und -birnen hängen von der Decke. Bevor es ans „Eingemachte“ geht, ist Aufwärmen dran: Seilchenspringen, Kniebeugen, Liegestützen und Co. und dann Koordinationsübungen. Die sind nicht ohne: Im Sprung Beine grätschen und schließen und zeitgleich die Unterarme vor dem Oberkörper umeinander kreisen.

. Die 14-Jährige Nele Gramsch ist zum Schnuppern gekommen. „Ich habe gehört, dass Modells durch Boxen eine gute Figur bekommen und da wollte ich es auch mal ausprobieren,“ verrät die Schülerin. Papa Jürgen schmunzelt: „Ich war überrascht über ihre Wahl. Sie wollte etwas für den ganzen Körper machen.“

Dann folgt die Sache mit der Bein- und Hüftarbeit sowie den Armen. „Und schneller, werf’ die Hüfte zurück, schneller!“ motiviert Coach Rafik die jungen Frauen, von denen die ersten bereits eine rosige Gesichtsfarbe bekommen. „Deine Hüfte bewegt sich nicht, Fäuste richtig zumachen und nach oben werfen!“ ruft Rafik. „Steht nicht wie Säulen, federn, bewegen. Peng peng pa, arbeiten, bewegen! Ihr habt gut geschlafen, weiter arbeiten!“

Der drahtige Mann ist ein Motivationsprofi. Rafik Trabelsi erläutert: „Draufhauen, schwitzen, duschen und nach Hause gehen hat nichts mit Boxen zu tun. Boxen ist eine Philosophie.“ Viele hätten Schwierigkeiten mit der Feinmotorik und Koordination. Und diese Grundlagen müssten erstmal sitzen. Außerdem würden die Frauen als erstes Selbstvertrauen lernen. „Boxtraining ist wie Mental Coaching. Du musst lernen, wer du bist.“

„Schön, sie mit Farbe im Gesicht zu sehen“, lacht Neles Papa Jürgen am Ende des Schnuppertrainings. „Es gefiel mir sehr gut“, sagt Tochter Nele. „Du kannst das. Das hast du gut gemacht!“, lobt sie Rafik Trabelsi. Die Abiturientin Elea trainiert bereits seit zwei Jahren hier. „Ich habe Leichathletik gemacht und wollte danach was richtig Anstrengendes haben“, erzählt die Schülerin, die heute ihre erste Abi-Klausur geschrieben hat. „Das Boxen ist ein richtig guter Ausgleich“, findet Elea. Lea Koschnik (15) sagt: „Man kann draufschlagen, sich auspowern und bekommt ein besseres Körpergefühl.“ Esther Knüpp erklärt: „Beim Boxen werden viele Muskelgruppen trainiert, es ist ein super Ganzkörpertraining, so dass man insgesamt fitter und kräftiger wird und der Körper straffer. Die Technik erfordert viel Kopfarbeit.“

Dass nicht nur Kämpfer boxen können, zu dieser Erkenntnis kam Rafik Trabelsi Anfang der Neunziger. „In einer großen Halle in New York sah ich krawattierte Menschen, die sich beim Boxtraining auspowerten. In Deutschland hatte das Boxen zu der Zeit ein schlechtes Image: Es galt als Sport für Proleten und kriminelle Menschen.“

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