Bewertungsportale: Ärzte bezahlen für Top-Platzierungen

Besonders plastische Chirurgen und Jungärzte setzen aufs Marketing. Wer nicht mitmischt, wird im Netz oft schlecht bewertet.

Bewertungsportale: Ärzte bezahlen für Top-Platzierungen
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Düsseldorf. Als vor Jahren die Bewertungsportale für Ärzte im Internet wie Pilze aus dem Boden schossen, war der Sturm der Entrüstung groß: Wie konnten unzufriedene Patienten Ärzte einfach öffentlich an den Pranger stellen? Anwälte wurden eingeschaltet, Ärztekammern um Beistand gebeten und Gerichte angerufen.

Jetzt scheint diese Haltung ins Gegenteil umzuschlagen. Wie Hochglanzbroschüren kommen die einst angefeindeten Portale daher und zeigen immer mehr lächelnde Ärzte mit ihrem Konterfei neben Top-Bewertungskriterien. Werbung insbesondere im Internet „nimmt generell zu“, sagt Dirk Schulenburg, Justiziar der Ärztekammer am Tersteegenstraße in Düsseldorf. Verboten sei das seit einer Neufassung der Berufsordnung vor zehn Jahren nicht mehr. „Bis dahin mussten wir sogar Praxisschilder auf Werbung hin überprüfen.“ Insbesondere bestimmte Fachrichtungen wie die Schönheitschirurgie oder jüngere Mediziner-Generationen nutzten jetzt verstärkt die Möglichkeit, auf diesem Weg auf sich aufmerksam zu machen.

„Die große Mehrheit hält aber an dem tradierten Ärztebild fest“, sagt Schulenburg: Empfehlungen sollte es ihrer Meinung nach nur durch persönliche Weitergabe geben. Doch für sie ist „das Geschäft“ durch die meinungsbeladenen Internetseiten schwieriger geworden, wie das Beispiel eines Düsseldorfer Arztes zeigt, der nicht genannt werden will: Als eine Augenärztin auf ihre Urlaubsvertretung aufmerksam machte, weigerte sich die Patientin. „Dort gehe ich nicht hin, der wird schlecht im Internet bewertet“, soll sie gesagt haben.

Derartige pauschale Ablehnungen trotz jedweder Kenntnis des genauen Sachverhalts sind verständlich, denn viele negative Aussagen im Internet haben eine gewisse Qualität. „In der Tierpraxis ist man bestimmt besser aufgehoben als bei . . . “, heißt es beispielsweise im angeblich bekanntesten Portal Jameda.de über einen Düsseldorfer Arzt.

Jameda-Sprecherin Kathrin Kirchler sagt zwar, dass Beleidigungen ausgefiltert würden, setzt aber auch auf die Mitwirkung der Betroffenen selbst: „Unser Wunsch ist, dass es die Ärzte selber beanstanden.“ Über einen Button auf der Seite sei das möglich. Gegen Bezahlung sei eine Löschung nicht möglich.

Für einen Betrag in Höhe von 55 bis 135 Euro monatlich könnten die niedergelassenen Ärzte jedoch für sich werben. Derartige Botschaften tauchen dann genau dort auf, wo Patienten fleißig über andere Ärzte herziehen. „Das sind Werbeeinblendungen“, sagt Kathrin Kirchler und bestätigt, dass immer mehr Ärzte bereit seien, dafür zu zahlen.

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