„Beim Sterben geht es ums Loslassen“

Bestatter Claus Frankenheim gibt Tipps zum Umgang mit Abschied und Trauer, aber auch zum Weiterleben.

„Beim Sterben geht es ums Loslassen“
Foto: Frankenheim

Der Tod ist ein Thema, über das die meisten wohl nicht allzu gern nachdenken, es lieber von sich wegschieben, wann immer und solange sie können. Für Claus Frankenheim ist dieses Thema kein Tabu, er hat jeden Tag mit dem Tod zu tun - von Berufs wegen. Der 57-Jährige ist Bestatter und hat in seinem langjährigen Berufsalltag gelernt, mit dem Abschiednehmen umzugehen. Aber wie geht man denn richtig mit dem Tod um? Gibt es überhaupt „richtig“ und „falsch“? Ja, sagt Claus Frankenheim. Gibt es. Und er erklärt auch, wieso.

Das sei das größte Problem am Umgang mit dem Tod, ist Claus Frankenheim überzeugt. „Beim Sterben geht es immer ums Loslassen“, sagt er. Der Sterbende muss loslassen, die Angehörigen und Freunde aber auch. Gerade im Krankheitsfall beginne der Abschied nicht erst mit dem Tod, sondern schon davor, sagt der Bestatter. Seine Devise: „Lebensverlängernde Maßnahmen sind in Ordnung. Wenn die Behandlung aber nur das Sterben verlängert, ist es an der Zeit, loszulassen.“

Sieht man in der Nachbarschaft einen Leichenwagen vorfahren und Menschen einen Sarg ins Haus tragen, ist die Frage nicht, ob jemand gestorben ist, sondern nur wer. „Der Sarg ist als Symbol so klar mit dem Tod verbunden, dass wir das für den Abschiedsprozess nutzen können“, erklärt Claus Frankenheim. Dazu gehört für ihn, sich den Toten im offenen Sarg anzusehen und sich auf diese Weise ganz bewusst zu machen, dass derjenige wirklich tot ist. Mit seinen Kunden macht der Bestatter anschließend oft den Sarg gemeinsam zu, der nächste Schritt im Prozess ist dann, das Absenken des Sargs in die Erde mitzuerleben.

Eltern, die ihre Kinder vor einem traumatischen Erlebnis schützen möchten und sie deshalb nicht zu Beerdigungen gehen lassen, machen einen Fehler, ist Claus Frankenheim überzeugt. Auch Kinder brauchen den Prozess des Bewusstmachens und des Abschiednehmens, sagt er. „Und sie ertragen das auch, Kinder trauern ganz authentisch.“ Formulierungen wie „Oma ist jetzt im Himmel“ hält der 57-Jährige dabei auch für falsch. „Wenn das Kind dann bei der nächsten Flugreise aus dem Flugzeugfenster schaut und nach der Oma fragt, was machen die Eltern dann?“

Jeder trauert anders, jeder braucht seine eigene Zeit, um mit einem Verlust fertig zu werden. Diese Zeit sollte man sich nehmen und sich nicht von anderen unter Druck setzen lassen, möglichst schnell wieder zu funktionieren, rät Frankenheim. „Das Herz und der Verstand müssen gleichermaßen mitkommen.“ Erst dann könne ein Blick nach vorn gelingen.

Das Leben der Hinterbliebenen muss trotz ihres Verlustes weitergehen. Wer die Trauer nicht allein bewältigen kann oder möchte, kann Hilfe in Trauergruppen suchen. Diese Gruppen sind eine gute Gelegenheit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und zu spüren, dass man mit seinen Gefühlen nicht allein da steht, sagt Frankenheim.

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