Autodiebe klauen modern und edel

Die Sicherungen werden immer besser — die Diebe auch. 464 Fälle gab es im letzten Jahr.

Düsseldorf. Ein solcher Coup ist der Düsseldorfer Polizei seit Jahren nicht gelungen: Vor zwei Wochen hoben Ermittler ein Lager mit Teilen gestohlener Luxusautos in Flingern aus. Jetzt wurde der Inhalt der beiden Container auf das Gelände eines Abschleppunternehmens gebracht. Es sind Motoren, Scheinwerfer, Airbags, Lichtmaschinen und weitere Teile von vermutlich Dutzenden Autos. Der Schwarzmarktwert ist sechs- bis siebenstellig. Unter Hochdruck versuchen Beamte, in Zusammenarbeit mit LKA und Herstellern, das Diebesgut konkreten Fällen zuzuordnen. Drei Motoren passen zu Diebstählen edler Geländewagen in Düsseldorf, Ratingen und Oberhausen. „Wir glauben, dass weitere Düsseldorfer Fälle dabei sind“, sagt Jürgen Franke, Leiter des Kfz-Kommissariats.

Immer mal wieder gelingt es Zivilfahndern der Polizei, einen Autodieb auf frischer Tat zu ertappen. An die Ebene der Hehler hingegen — wie im aktuellen Fall — kommen die Ermittler nur selten heran. Und noch seltener an die Drahtzieher der Diebstähle, die oftmals im Ausland sitzen. „Diebe und Hehler verpfeifen die Hintermänner so gut wie nie“, erklärt Franke. Dass die Autoschieber von Flingern — die 38 und 45 Jahre alten Männer sind inzwischen wieder auf freiem Fuß — selbst die Diebstähle von Nobelkarossen in Auftrag gegeben hatten, glaubt er nicht. Die Frage ist nun: Wer baldowerte die Standorte der teuren Wagen aus und wer stahl sie? In diesem Preissegment sind die Diebstahlssicherungen auf dem neuesten Stand, ein Drogenabhängiger auf der Suche nach schnellem Geld wäre nicht in der Lage, sie zu knacken. Wer zerlegte die Autos und wo? Und: Wer wollte die hochwertigen Teile schließlich verkaufen? Franke hofft auf Hinweise durch Spuren an der sichergestellten heißen Ware.

464 Autos wurden in Düsseldorf im vergangenen Jahr gestohlen, 22 mehr als 2009 (im Jahr 2005 allerdings lag die Fallzahl noch bei über 600). „Wir haben da eine Großstadt-Problematik — aber ganz anders als in Städten wie Essen oder Dortmund“, sagt Jürgen Franke. Banden schickten Diebe zum Teil mit „Einkaufslisten“ los: Fünf Porsche Cayenne, drei Audi Q7 . . . Und solche Autos in einem Rutsch zu bekommen, ist in einer reichen Stadt wie Düsseldorf mit Messe, Flughafen und Kö nicht unwahrscheinlich.

Trainiert werden die Diebe an Schrottautos. „Keiner kann heute mehr alles stehlen“, sagt Franke. Spezialisierung auf die Diebstahlssicherung einzelner Modelle ist gefragt. Aber die Banden finden auch immer neue Wege. „Der Autodiebstahl hat sich stark verändert“, erklärt Jürgen Franke. „Es gibt einen großen Trend zur Unterschlagung.“ Leasing-Autos oder Wagen für Probefahrten verschwinden; ein neues Phänomen ist auch das „Home-Jacking“, bei dem Täter ins Haus einbrechen und dort den Autoschlüssel stehlen. Zudem gab es im vergangenen Jahr in ganz NRW etliche Fälle, bei denen Autobesitzer aus ihrer Garage fuhren und ihnen ein Müllcontainer oder Kinderwagen im Weg stand. Wenn die Opfer ausstiegen, um den Weg freizumachen, sprang ein Dieb schnell in den Wagen und raste davon.

Das Schwierige: „Diebe kommen immer wieder nach“, sagt Franke. „Wichtig ist, dass wir an die Auftraggeber kommen. Aber zu dem hat der Dieb vermutlich nie Kontakt.“ Er erhalte anonym 1500 bis 3000 Euro für seine Dienste und habe keine Ahnung, was mit der Beute passiert. Ob der teure Wagen zu zahlungskräftigen Liebhabern ins Ausland geht oder Teile hierzulande zum Aufmöbeln von Unfallfahrzeugen benutzt werden — Franke: „Da gibt es viele Varianten.“ Der Markt ist enorm. Allein für eine Servolenkung werden etliche Tausend Euro gezahlt. Von dem Düsseldorfer Fund werden wohl nur noch Versicherungen profitieren: Die Besitzer der gestohlenen Autos dürften lange Ersatz für ihren Verlust erhalten haben.

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