Aus dem Leben eines Fahrschülers

In Düsseldorf fallen fast 40 Prozent der Fahrschüler durch die praktische Prüfung. Der dichte Verkehr ist ein möglicher Grund.

Düsseldorf. "Nicht nervös sein, ausatmen", sagt Fahrlehrer Manfred Marzinek eindringlich. Philipp Heinrich sitzt in der ersten Fahrstunde nach seinem einwöchigen Urlaub. Die Pause fordert ihren Tribut, der 18-Jährige ist angespannt.

Doch Marzinek hat keine Bedenken und lehnt sich im Beifahrersitz zurück. "Er ist ein bisschen aus der Übung, aber er schafft das schon." Blinker setzen, Schulterblick und los. Vom Parkplatz vor dem Malkasten lenkt der Schüler den Wagen hinein ins dichte Feierabend-Gedränge.

Philipp ist ein typischer Fahrschüler, sagt sein Mentor. Nicht gut, nicht schlecht. 20 Stunden hat er hinter sich, und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Zu schwer fällt es dem Schüler noch, die vielen Abläufe, die im Auto und im Kopf gleichzeitig stattfinden müssen, in den Griff zu bekommen.

"Das Multitasking ist anstrengend", sagt Philipp. Seinen Problemen trägt Marzinek Rechnung. Er denke noch nicht daran, seinen Schützling zur praktischen Prüfung anzumelden - sie soll ja erfolgreich ausfallen.

Das ist nicht mehr selbstverständlich, besonders nicht in Düsseldorf. Abgesehen von Remscheid fallen in keiner Stadt in NRW so viele Fahrschüler durch die praktische Prüfung wie in der Landeshauptstadt.

Nach Angaben des Straßenverkehrsamts lag die Durchfall-Quote 2009 bei 38,7 Prozent. In konkreten Zahlen heißt das: Von 6.968 Prüfungen wurden 2695 nicht bestanden. Zum Vergleich: In Neuss brauchten 25,4 Prozent der Prüflinge einen zweiten Versuch.

Ist also der Betrieb auf den Straßen Grund dafür, dass sich viele Düsseldorfer Fahrschüler am Steuer schwer tun? Ja, findet Marzinek, der seinen Schüler gerade durch den Verkehrsdschungel rund um die Münsterstraße lotst.

"Der Verkehr wird immer dichter. Das ist ein großer Stress, denn zum ersten Mal müssen die Jugendlichen Verantwortung übernehmen." Außerdem fordere der Umgang mit dem Auto technisches Geschick, das bei vielen junge Menschen nicht mehr vorhanden sei.

Dietmar Hintz vom Amt für Verkehrsmanagement hingegen ist anderer Ansicht. "Junge Menschen sind weniger stressresistent. Fahrlehrer müssen zunehmend auch psychologische Kompetenz haben." Auf die meisten Fahrlehrer treffe dies aber zu. Vielmehr sei die Konkurrenz unter den Fahrschulen ein ausschlaggebender Faktor.

"Um Kosten zu sparen, beantragen Fahrschüler oft, früher an der praktischen Prüfung teilzunehmen, als es gut für sie wäre", sagt Hintz. Diesem Druck müssten sich die Fahrschulen beugen, schließlich könnte der Schüler zu einem der rund 70 anderen Anbieter wechseln.

Philipp Heinrich hat derweil ein Einparkmanöver an der Kanonierstraße gemeistert und befindet sich auf dem Rückweg zum Malkasten. Jeder Kilometer ein Schritt näher am Führerschein.

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