Düsseldorf Auf Streife in der Nicht-No-Go-Area

Die Linke wettert über das gefährliche Garath. Probleme gibt es auch — aber die Kriminalität sinkt.

Düsseldorf: Auf Streife in der Nicht-No-Go-Area
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Die beiden Holzbänke stehen verwaist unter einem großen Baum an der Ecke Peter-Behrens-Straße, in einem Gesprenkel von Zigarettenkippen. „Das hier ist der Casus knacksus“, sagt Joachim Schall. Der Bezirksdienstbeamte der Polizei kennt die Ecke seit Jahren, die jetzt den Anstoß für eine politische Debatte geliefert hat — als die angebliche No-Go-Area von Düsseldorf.

Düsseldorf: Auf Streife in der Nicht-No-Go-Area
Foto: Judith Michaelis

Im Sozialausschuss berichtete die Linken-Politikerin Angelika Kraft-Dlangamandla — selbst Garatherin — in der vergangenen Woche, sie werde massiv von Rechten in ihrem Wohnumfeld bedroht. Nach der Polizeirazzia im Oberbilker Viertel Klein-Marokko wetterte Parteisprecher Christian Jäger dann auch noch: „Wer echte No-Go-Areas in Düsseldorf sucht, muss nach Garath gehen, wo am S-Bahnhof die Einwohner mit ausländischen Wurzeln Angst vor Neonazis haben müssen.“ Tatsächlich fanden in dem Stadtteil im vergangenen Jahr mehrfach Demonstrationen der Republikaner statt. Erstarkt dort wieder eine rechte Szene?

Beim Streifengang mit Joachim Schall ist es an dem kleinen Park ruhig. Um nicht zu sagen: menschenleer. Aber es ist auch kalt. „Diese Gruppe hier kenne ich, seit ich in Garath bin“, erklärt der Polizist. Und das ist immerhin seit 1999. Maximal 20 Männer seien das, mit wechselnden Treffpunkten — jetzt eben die Peter-Behrens-Straße. „Uns ist die Situation bekannt“, erklärt Schall. Man wisse auch um die Gesinnung der Gruppe. Aber es handele sich weniger um eine Neonazi- als eine Trinkerszene. Beschwerden oder Anzeigen gebe es — abgesehen von Kraft-Dlangamandlas — nicht. Auch die Rep-Demos führt er eher darauf zurück, dass deren Organisator, Bezirksvertreter Karl-Heinz Fischer, in Garath wohne. Der Zulauf sei gering.

Nachgefragt am S-Bahnhof: „Ich wohne hier seit etwa zwei Jahren und habe noch nie schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt Justina Freman aus Ghana. Das hat auch Sylvie Gogoa aus dem Nachbarstaat Elfenbeinküste nicht — dafür aber ihre Bekannte: „Sie ist abends von der Spätschicht am S-Bahnhof angekommen, drei Männer haben ihre Hautfarbe heftig beleidigt. Da ist sie nur weggerannt.“ Sie selbst lebe in Hassels, arbeite in Garath. Weil es hier größere Wohnungen gebe, habe sie einen Umzug erwogen — „aber ich hatte zu viel Angst“. Joachim Schall bittet sie, ihrer Bekannten auszurichten, dass sie sich doch an die Polizei wenden möge: „Wenn wir von so etwas nicht erfahren, dann können wir auch nichts machen.“

Und die Fälle, von denen die Polizei erfährt und die in der Statistik stehen, sprechen eine ganz andere Sprache. „Wir haben in Garath eine deutliche Verbesserung der Sicherheit“, erklärt Thomas Decken, Leiter der Inspektion Süd. Zwischen 2008 und 2015 hat sich die Straßenkriminalität fast halbiert; etwa die Fälle schwerer und gefährlicher Körperverletzung sanken in dem Zeitraum von knapp 30 auf 15 im Jahr. Und: Laut Staatsschutz habe es bislang nicht einen einzigen Übergriff auf Flüchtlinge gegeben. „No-Go-Area — das trifft auf Garath gar nicht zu“, stellt er klar.

Joachim Schall vom Bezirksdienst kennt das schon — nach 17 Jahren auf Streife in Garath. Mal gab es Aufregung um eine Methadonambulanz und Junkies am Bahnhof, zuletzt um einen Rockerclan, der sich in Garath traf. Sie alle verschwanden wieder. „Garath wird immer schlecht geredet“, sagt er. Die Polizei verschließe die Augen auch nicht vor den sozialen Problemen. Die Trinkerszene im Park beobachte man gemeinsam mit dem Ordnungsdienst. „Aber ich habe selbst hier gewohnt“, sagt Schall. „Und ich habe meine 16-jährige Tochter abends nicht einmal vom Bahnhof abgeholt.“

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