Auf der Suche nach Düsseldorfs Studentenleben

Es gibt 30 000 Studis in Düsseldorf — wo gehen die eigentlich abends hin? Eine Annäherung.

Düsseldorf. Wer Städte wie Münster oder Heidelberg schon einmal besucht hat, der kennt dieses Bild im Nachtleben: Man geht in eine Kneipe und alle, die da zusammensitzen, haben morgens schon zusammen im Hörsaal gesessen. Oder hätten da sitzen sollen. Naja, jedenfalls weiß man: Wenn man jetzt alle Taschen kontrolliert, hat man massenhaft Studentenausweise. Die Heine-Uni zählt immerhin 30 000 Studenten — die Einwohnerzahl einer veritablen Kleinstadt. Und gestern strömten sie zum Start des Sommersemesters wieder alle auf den Campus. Vor allem auf dessen Terrassen und Wiesen. Anlass genug, mal zu fragen, wo es in Düsseldorf denn richtiges Studentenleben gibt. Und: Gibt es das überhaupt?

Alex’ typisches Studentenleben findet gerade genau hier vor der Philosophischen Fakultät, wo er Medien und Kulturwissenschaft studiert, auf einer Bank in der Sonne statt: fast vier Uhr, zwei Kumpels, drei Flaschen Bier (natürlich eine totale Ausnahme, beteuern sie unisono). Alex — der eigentlich Alexandre Engel heißt — wohnt auf 32 Quadratmetern in Unterbilk. Allein. „WG ist nicht meins.“ Seine Eltern und ein Mindestlohn-Nebenjob, bei dem er Herzpatienten ein Jahr nach ihrer OP aus Qualitätssicherungsgründen nach ihrem Befinden fragt, zahlen die Miete. Sein Studentenleben spielt sich vor allem rund Bilk ab. „Nicht in der Altstadt“, stellt der Düsseldorfer klar. „Da habe ich meine Pubertät verbracht.“ Viele Studis treffen sich aber im Stone (Ratinger Straße) oder Cube (Mertensgasse), weiß der 25-Jährige.

Er selbst sieht viele seiner Kommilitonen rund um die Lorettostraße. „Der Seifen-Horst ist ja ganz charmant.“ Eckkneipen wie die Blende an der Bilker Allee mag der 25-Jährige. Und immer wieder die Casita Mexicana, das mexikanische Restaurant am Florapark — aber nur mittags, da gibt es ein Menü mit Getränk für acht Euro. Ansonsten wird mit der Freundin gekocht. „Auch mal so, dass es für zwei Tage reicht.“ Studentenpartys auf dem Campus besucht er kaum. Nur diese Woche zur Fete der Wirtschaftswissenschaften. „Das ist die einzige, zu der ich noch in den SP-Saal gehe“, sagt Alex. Gutes Budget und Security-Dienst. Also kein Stress.

Den kann auch Lisa Grützmacher gerade gar nicht brauchen. Sie steckt mitten im Jura-Staatsexamen. Die 25-Jährige wohnt noch bei ihren Eltern in Neuss, ist aber wegen ihres Freundes und der Uni viel in Düsseldorf. Genauer: Pempelfort. „Da halten wir uns auch die meiste Zeit auf.“ Himmel und Ähd an der Nordstraße, Saffran’s an der Collenbachstraße. „Die Altstadt ist nicht so meins“, verkündet auch sie. Muss sie ja nicht: Studenten trifft sie jederzeit in der „Butze“ an der Weißenburgstraße. Vor allem wegen der günstigen Gerichte. Aber die totalen Studi-Magneten kenne sich nicht. „Vielleicht liegt’s auch an den Juristen“, meint sie. „Die sind eher Einzelkämpfer.“ Und wenn, dann gehe es zusammen zum Cocktailtrinken irgendwo in die Altstadt. Und das ist ja nicht so ihres.

Ganz im Gegenteil zu ihren jüngeren Jura-Kommilitoninnen: Stephanie Schaaf (22) macht die Anaconda Lounge in der Andreasstraße als Studi-Treffpunkt aus, Elena Roggel (19) die kleine Tequila-Bar „Drei Amigos“ an der Hunsrückenstraße — weil billig. Und alle sind sich einig: Das Kürzer in der Kurze Straße, es ist voll und ganz in Akademikerhand. „Auf jeden Fall!“, sagt Elena.

Ansonsten macht es die Altstadt den jungen Studentinnen manchmal nicht leicht. Mit Verena Wöller (18) wollte Elena jüngst ins Quartier Bohème an der Ratinger Straße — doch sie beide wurden für zu jung befunden, an der Tür abgewiesen. Früher, erinnert sich Verena, galt das „Schalander“ in Wersten als der Treffpunkt nach der Uni. „Wie das jetzt ist, weiß ich gar nicht ...“ Im Scotti’s an der Christophstraße seien natürlich immer viele Uni-Leute.

Aber die Aachenerin Stephanie Schaaf ist aus ihrer „sehr naturwissenschaftlich geprägten Studentenstadt“ schon anderes gewöhnt. „In Düsseldorf spürt man es nicht so.“ Und das sieht Elena ähnlich: „Düsseldorf ist eben eine Stadt, wo nicht nur Studenten leben. Da verteilt es sich sehr.“

Alex, der inzwischen bei Bierflasche Nummer zwei ist, formuliert es noch drastischer: „Ich würde nicht sagen, dass Düsseldorf überhaupt eine Studentenstadt ist.“ Vor allem ob der Lage des Campus’. „Die Uni hat mit der Innenstadt so viel zu tun wie die Fortuna mit der Ersten Liga.“ Und so sitzen ihre Studis versprenkelt in der ganzen Stadt. Nur im Hörsaal — da sitzen sie natürlich wieder alle zusammen. Oder sollten es zumindest.

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