Düsseldorf Auf der Hochzeitsmesse in Düsseldorf: Ich traue mich!

Kein Kleid, keine Karten, keine Deko: Dennoch heirate ich Ende Juli. Und erlebe die Messe Trau dich deshalb mit ganz anderen Augen.

Düsseldorf: Auf der Hochzeitsmesse in Düsseldorf: Ich traue mich!
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Ein Herz, das in Flammen steht. Seifenblasen, die durch die Luft fliegen. Ein großes Plakat, das über der Eingangshalle des Areals Böhler schwebt: „Trau Dich! Die Hochzeitsmesse!“ Hätte mir jemand vor zwei Jahren gesagt, dass ich in meinem Leben mal eine Hoch-zeitsmesse besuche, ich hätte ihn nur milde angelächelt. „Ich doch nicht“, hätte ich gesagt und den Kopf geschüttelt. Bloß keine bonbonfarbenen Zuckerwatte-Inspirationen mit fliegenden Tauben und Cake-Pops und bitte kein Tüll-Traum mit glitzerndem Diadem. Dass das Leben manchmal anders spielt, zeigt sich spätestens an diesem Samstagmorgen...

Vor mir, hinter mir, neben mir Gruppen von aufgeregten Frauen, dazwischen vereinzelt einige Männer (alle mit Handy in der Hand, wohl als willkommene Ablenkung). Sie alle warten auf Einlass in die heiligen Hallen. „Scheinen alle einen Plan zu haben“, denke ich und fühle mich schon beim Betreten der Messehalle ziemlich planlos. Fakt ist: Am 28. Juli heirate ich (Kann mich bitte jemand kneifen? Ich? Wirklich?) und immerhin haben wir schon unsere Räumlichkeiten (die Location).

Fakt ist aber auch: Ich habe kein Kleid, wir haben noch keine Einladungskarten, keine Tisch-Deko, keine Torte. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Ob er meine Besorgnis spürt oder ist sie mir anzusehen? Martin Bürgener von „Nice: Ambiente und Papeterie“ drückt mir ein Taschentuch in die Hand. Mit roten Herzen darauf, natürlich. An seinem Stand gibt es neben Tisch-Dekorationen auch „exklusive Drucksachen“. Ordnerweise liegen Karten zur Ansicht auf den dekorierten Tischen. Ich blättere ein bisschen, bin nach zwei Seiten erschlagen. „Wenn Sie sich für die Standardkarten entscheiden, dann zahlen Sie für 50 Stück rund 160 Euro“, erklärt er und fügt hinzu: „Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt!“ Warum spüre ich, dass ich diesen Satz heute noch mehrmals hören werde? Für die „Save-the-Date-Karten“ sei ich ja recht spät dran. „Einige Paare verschicken die Karten schon ein Jahr vorher“, sagt der Experte und sieht mein gequältes Gesicht. „Sie können ja problemlos per Mail informieren, das geht natürlich auch!“

So ganz unromantisch soll es dann doch nicht sein, ich werde es mir überlegen. Es riecht nach Popcorn und Kuchen. Ein Sängerin singt Mariah Careys „When you believe“. Ich laufe vorbei an Ringmanufakturen, Glückskeks-Ständen und an genau den Kleidern, die es eben nicht sein sollen. Zu viel Tüll, zu viel Bling-Bling. Dann sehe ich es an einem Stand, der sich von all den anderen abhebt. Es ist schlicht, mit Spitze, der Rücken ist frei. Und wäre dies hier ein Film, dann wäre spätestens jetzt der Moment, wo die Streicher sanft im Hintergrund einset-zen. Wenn es Liebe auf den ersten Blick gibt, dann habe ich mich gerade in ein Kleid, in mein Kleid, verliebt.

Simon Gincberg von „Sanna Lindström“ klärt mich auf. Mein Traum heißt „Moa“ und ist eine Kombination aus weicher Spitze mit Soft-Tüll. Die Begriffe „schlicht“ und „Vintage“ fallen. „Moa“: Dieser Name gehört gehaucht, genauso wie die Frage nach dem Preis. Er liegt bei rund 1300 Euro. „Unsere Kleider fangen bei 800 Euro an“, sagt Gincberg, „meine Frau Sanna Lindström ist die Designerin.“ Die nächste Frage stelle ich noch leiser, denn das Kleid sieht einfach winzig aus. „Ist es eine 34 oder 36?“ Gincberg lächelt wissend. Er hat diese Frage schon oft gestellt bekommen. Eine 36, aber kein Problem, Moa gebe es auch in einigen Nummern größer. Im Geiste sehe ich mich- zehn Kilo leichter am 28. Juli über eine Wiese flattern.

Weil das Anprobieren auf der Messe leider nicht gestattet ist, vereinbare ich mit dem Chef einen Termin. Am 3. März ist es soweit, dann werde ich (hoffentlich zehn Kilo leichter) meinen Bund mit Moa im Ratinger Showroom eingehen. Bis dahin heißt es diszipliniert sein und an das Endergebnis denken.

Mein Blick fällt auf ein großes Schild ganz in der Nähe. „ByeBye, Cellulite“ steht da in großen Lettern. Für die, die den Gang ins Fitnessstudio scheuen, hat Susanne Wurmbacher hier angebliche Wundermittel parat, alles ganz natürlich versteht sich. „Also diese Creme hat den gleichen Effekt wie eine Fettabsaugung und die Cellulite-Creme erst, da merken sie sofort den Effekt nach drei Mal cremen“, betont die Chefin, die mir zu einer Augencreme rät. Sanft klopft sie das straffende Serum auf meine offenbar leicht geschwollene Augenpartie ein. Ich muss lachen, werde aber freundlich ermahnt. „Bitte jetzt vier Minuten keine Mimik.“ Ich reiße mich zusammen und nuschele leise: „Okay!“ Beim Blick in den Spiegel sehe ich dann zwar keinen Unterschied, eine Mitarbeiterin ruft aber laut „Wooooow“. Doch, jetzt fühle ich mich gut. Immerhin ist die Augenpartie gestrafft, den Rest sieht man ja eh nicht.

Am Stand „Flowers & Emotions“ von Heike („also, wir sind hier alle per Du“) wird es noch mal ernst. Welche Tischdeko könnte es denn nun sein? Es fallen wieder lauter englische Begriffe. „Für deine Outdoor-Wedding ist der Vintage-Style sehr schön. Da hat man einen tollen Hype“, erzählt Heike euphorisch. „In ist jetzt aber auch der Boho-Style. Das ist dunkler, mystischer!“ Mir gefällt beides. Zum Glück muss ich es jetzt nicht entscheiden.

Nach über zwei Stunden Hochzeitsmesse raucht der Kopf, die Augenpartie spannt. Als ich das Messegelände verlasse, atme ich erstmal tief aus. Frische Luft und Ruhe, sie tun gut nach dem Trubel. Irgendwie wird das schon klappen Ende Juli, denke ich. Und wenn alle Stricke reißen in Sachen Einladung, Kleid und Deko, dann wird’s vielleicht doch die Seifenblasenmaschine. Sieht ja eigentlich schön aus!

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