Anonyme Insolvenzler treffen sich im Zakk

Viele von Insolvenz Betroffene brauchen Rat und Verständnis. Die bekommen sie bei einem neuen Gesprächskreis.

Düsseldorf. Auch Joachim Niering hat es erlebt. Was es bedeutet, zahlungsunfähig zu sein. Der Krefelder Unternehmer betrieb eine Porzellan-Klinik, dazu gehörten acht Werkstätten in einem Kooperationssystem.

Doch die Verbundsgruppe brach auseinander, Firmeninsolvenz war die Folge. Die finanziellen Belastungen wuchsen. Niering wurde krank. Eine Privatinsolvenz konnte er nicht mehr abwenden.

Nun ist er ehrenamtlicher Gesprächsleiter der Anonymen Insolvenzler in Düsseldorf. Die Gruppe hat sich neu gegründet, bei einem ersten Treffen im Zakk waren laut Niering 18 Teilnehmer dabei - vom Selbstständigen bis zum Vorstandsvorsitzenden einer Aktiengesellschaft.

Das nächste Treffen findet am Montag statt. Kommen können alle, die von Privat- oder Unternehmensinsolvenz betroffen oder bedroht sind. Und das sind nicht wenige: Voriges Jahr stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland um 16 Prozent auf 34.300 Fälle, davon 483 in Düsseldorf. Auch die Zahl der Privatinsolvenzen steigt: Im Januar 2010 etwa gab es in Düsseldorf 136 Fälle (Januar 2009: 123).

Die Folgen von Insolvenz werden oft unterschätzt. Die Betroffenen haben neben den finanziellen Belastungen meist mit Versagensängsten, Scham und Hilflosigkeit im Behörden-Dschungel zu kämpfen. Zudem mit einem bleibenden Stigma, nicht nur bei Banken und in der Arbeitswelt, sondern auch bei Freunden und Familie.

"Insolvenz und alles, was damit zu tun hat, ist immer noch ein großes Tabu", sagt Joachim Niering. Als er in das Insolvenzverfahren geriet, hörte er über einen Freund vom Gesprächskreis in Köln und ging einfach mal hin. "Anfangs war ich sehr unsicher, da ich nicht wusste, was mich erwarten würde", erzählt Niering.

Schnell stellte er fest, wie gut es tut, sich in einer Gruppe zu unterhalten, in der alle wissen, wovon geredet wird. Jeder kann etwas sagen, muss es aber nicht. Über das Gehörte wird Stillschweigen bewahrt. "Für mich war es eine Befreiung, meine Situation einmal auszusprechen."

Viele Insolvenzler tun sich damit schwer: Dichte Lügengespinste werden gewoben, hinter denen sich die Betroffenen zurückziehen. "Ich kenne Fälle, da wird das sogar vor der Familie geheim gehalten", sagt Niering. Mit seiner Insolvenz kann er mittlerweile gut umgehen. "Ich sehe sie als Chance, ein anderes Bewusstsein von mir und den wichtigen Dingen im Leben zu bekommen."

Um Betroffenen in ähnlichen Situationen zu helfen, machte er die Ausbildung zum Gesprächsleiter. Neben der Hilfestellung für Betroffene ist die Prävention ein großes Anliegen des Gesprächskreises. Denn auf einen Termin bei der Schuldnerberatung müssten die Betroffenen oft lange Monate warten.

In dieser Zeit verschlimmert sich oft die Situation. "Viele teure Insolvenzen könnten vermieden werden, wenn eine Beratung erfolgt wäre", so Niering, der selbst ausgebildeter Schuldnerberater ist.

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