Amprion warnt vor Stromausfällen bei Verzögerung des Netzausbaus

Der heftige Widerstand gegen den Ausbau des Höchstspannungsnetzes überrascht selbst die Netzbetreiber. Amprion fordert mehr Unterstützung durch die Politik, Tennet verzichtet auf große Info-Veranstaltungen bis der Streit um den Netzausbau geklärt ist.

Stromnetzbetreiber Amprion warnt vor Stromausfällen.

Stromnetzbetreiber Amprion warnt vor Stromausfällen.

Foto: dpa

Düsseldorf/Berlin (dpa) - Der größte deutsche Stromnetzbetreiber Amprion warnt vor Stromausfällen in der Bundesrepublik, falls sich der geplante Ausbau der Hochspannungstrassen verzögern sollte. „Die Situation ist schon jetzt zeitweise kritisch, und es wird immer schwieriger, das System stabil zu betreiben“, sagte Amprion-Chef Hans-Jürgen Brick dem „Handelsblatt“ (Dienstag).

Finanziell und technisch sei der durch die Energiewende nötig gewordene milliardenschwere Netzausbau zwar zu schaffen, betonte der Manager. Die größten Herausforderungen seien aber der Zeitdruck und die Vorbehalte in der Bevölkerung. Hier sei die Politik gefordert. „Es reicht nicht aus, dass Gesetze beschlossen werden, sie müssen den Bürgern auch vermittelt werden“, verlangte Brick angesichts des lautstarken Widerstands betroffener Bürger in Bayern.

Die heftigen Proteste der Bürger in Nordbayern gegen den Bau der geplanten Gleichstrompassage Süd-Ost haben das Unternehmen offenbar unerwartet getroffen. Die Situation sei von Anfang an aufgeheizt gewesen, sagte Brick. Es fehle häufig am grundsätzlichen Verständnis der Energiewende. Zwar werde der Atomausstieg von einer breiten Mehrheit getragen, und auch erneuerbare Energien wollten alle. „Aber dass es auch weiterhin andere Kraftwerke geben muss und wir neue Leitungen benötigen, verdrängen viele.“

Überrascht zeigte sich der Manager auch darüber, wie stark sich die bayerische Landespolitik vom Netzausbau distanziert habe. „Wie sollen wir mit den Bürgern konkret über unser Projekt diskutieren, wenn von der Politik selbst die Notwendigkeit der Leitungen infrage gestellt wird?“, klagte er.

Der zweitgrößte Netzbetreiber Tennet kündigte unterdessen an, beim geplanten Bau von Deutschlands größter und längster Stromtrasse „Suedlink“ die Bürger eng einbeziehen zu wollen. Von Ende März an sollen lokale „Informationsmärkte“ angeboten werden. Dabei will der Übertragungsnetzbetreiber den vorgeschlagenen Trassenkorridor durch mehrere Bundesländer mit Bürgern und Gemeinden diskutieren. Kritik und Vorschläge will Tennet an die Bundesnetzagentur weitergeben: „Keine Stimme und kein Hinweis soll verlorengehen.“

Auf öffentliche Großveranstaltungen will das Unternehmen jedoch so lange verzichten, bis Bund und Länder ihren Streit um den Ausbau der Stromnetze geklärt haben. Wegen Bürgerprotesten pocht Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) darauf, die Planungen vorerst auf Eis zu legen. Der „Suedlink“ soll als „Hauptschlagader der Energiewende“ ab 2022 Windstrom von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen nach Bayern bringen. Die Trasse von Tennet und TransnetBW soll die Stilllegung von Atomkraftwerken im Süden ausgleichen.

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