Düsseldorf Ambulante Pflegedienste boomen

Nachfrage und Angebot wachsen bei der Pflege daheim, aktuell gibt es 125 Anbieter. Ihre Kleinwagenflotten sind in der ganzen Stadt unterwegs.

Düsseldorf: Ambulante Pflegedienste boomen
Foto: Lepke/Caroline Seidel/dpa

Düsseldorf. Jeden Morgen, jeden Mittag und jeden Abend durchstreift eine gewaltige Armada von Kleinwagen Düsseldorf. Hunderte, meist weiße Twingos, Micras, Yaris’, Polos oder Ford Kas flitzen durch die Straßen, ihre Fahrer immer auf der Suche nach einem Kurzzeitparkplatz: Es sind die ambulanten Pflegedienste auf dem Weg zu ihren Patienten. Auch in Düsseldorf steigt ihre Zahl seit Jahren kontinuierlich an, mittlerweile gibt es 125 offiziell zugelassene Anbieter in der Stadt. „Die Menschen werden immer älter und möchten immer länger zu Hause leben“, sagt Sozialamtsleiter Roland Buschhausen, „zudem gilt in der Pflege auch gesetzlich die Formel: ambulant vor stationär.“

Zwar sind in der ambulanten Pflege auch die großen Träger wie Awo, Caritas, Diakonie oder Rotes Kreuz unterwegs, dennoch drängen vor allem immer mehr kleinere und mittelständische Anbieter auf den Düsseldorfer Markt.

Sie alle betreuen alte Menschen, die den Gang ins Pflegeheim so weit wie möglich hinauszögern möchten — weil sie lieber in den eigenen vier Wänden bleiben wollen, aber natürlich auch, weil der Platz im Pflegheim viel teurer ist. Buschhausen: „Dennoch brauchen wir in Düsseldorf wegen der demografischen Entwicklung auf Sicht auch mehr Heimpflege.“

Ein noch relativ neuer Pflegedienst ist „Med-Erfolg“, der ende 2015 seine Zentrale in Kaiserswerth eröffnete. „Wir haben mit vier Mitarbeitern angefangen, mittlerweile beschäftigen wir zehn“, sagt Melanie Buschenhofen, die stellvertretende Pflegedienstleiterin. Die zehn Autos sind auch quer über die Stadt verteilt unterwegs zu den derzeit etwa 60 Patienten, der Schwerpunkt indes liegt in der Stadtmitte und im Norden. Buschenhofen: „Die Patienten im Süden, aktuell in Holthausen, Wersten oder Bilk, deckt immer ein Kollege in einer Tour ab, der muss dann nicht durch die ganze stadt fahren.“

Über zu viel Zeit klagt heute praktisch kein Pflegdienst mehr. Die Tagesabläufe müssen so effizient wie möglich getaktet sein — zugleich soll der Eindruck, die Schwestern und Pflegern seien in ständiger Eile, ja gehetzt, natürlich möglichst vermieden werden. Grundpflege (zahlt die Pflegeversicherung) mit Aus- und Anziehen, Ganzkörper- oder Teilwaschung, Zahnpflege, Mobilisierung, Lagerung, Hilfe beim Essen, Prophylaxe (Dekubitus!) bis hin zur medizinischen Behandlungspflege (zahlt die Krankenkasse) mit Messungen, Injektionen oder Verbandwechseln: Der Leistungskatalog ist umfangreich, der Kostenkatalog ebenfalls, immer im Zusammenhang mit dem Pflegegrad (früher Pflegestufe) des Patienten.

Der Kaiserswerther Dienst versucht, möglichst viele Patientenwünsche unter einen Hut zu kriegen: Da wird zum Beispiel mittags ein Pflegefall zum Essen aus dem Bett geholt und an den Tisch gesetzt, dann geht’s zum nächsten Patienten, eine halbe Stunde später ist der Pfleger zurück und hilft dem Mann wieder ins Bett.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) prüft die Anbieter in aller Regel einmal im Jahr: „Wir sehen anhand der Prüfaufträge, dass die Zahl der ambulanten Pflegedienste von Jahr zu Jahr steigt, ab 2014 um etwa drei bis vier Prozent im Jahr“, sagt Robert Pelzer, der Leiter der Qualitätsprüfung Pflege. Im Bezirk Nordrhein sind das aktuell 1495. Die Prüfergebnisse werden alle zwei Jahre teilweise veröffentlicht, wobei der MDK nicht mit einem festen Notenraster bewerte. Pelzer: „Wir prüfen jeden Einzelfall individuell. Insgesamt kann man aber sicher sagen, dass der Qualitätsstandard hoch ist.“ So müssen in der Mindestbesetzung von vier Mitarbeitern mindestens drei examinierte Pflegkräfte sein, wenn ein Pflegedienst eine Zulassung bekommen will.

Zurück zu den Kleinwagen-Schwärmen. Sozialamtsleiter Buschhausen wünschte sich allein aus ökologischen Gründen, dass die Pflegedienste sich reviermäßig ein bisschen an den Pizzataxis orientierten — und sich das Stadtgebiet zumindest grob aufteilen. „Das kann man sich aber nur leisten, wenn man genügend Patienten in einer Region hat“, sagt Melanie Buschenhofen.

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