Altstadt verliert an Vielfalt: Ketten verdrängen Tradition

Immer mehr inhabergeführte Geschäfte geben auf — meist drängen Filialisten nach.

Düsseldorf. Es ist eine Serie von Abschieden, die kurz vor dem Jahreswechsel in der Altstadt ansteht. Das Traditionscafé Otto Bittner schließt am 31. Dezember am Carlplatz, der Herrenausstatter Pesch muss sein Geschäft an der Flinger Straße nach knapp 50 Jahren in der Altstadt aufgeben, Verkoyen an der Mittelstraße — der letzte Metzger im Viertel — ist bereits dicht, so wie auch Spielwaren Schaper an der Grabenstraße, wo nun die Schmuckmarke Lilou aus Frankreich ihr erstes Geschäft in Deutschland eröffnen wird.

Was sich 2013 bereits auf der Kö abzeichnete, lässt sich nun auch an der Entwicklung in der Altstadt ablesen: Inhabergeführte Geschäfte haben es immer schwerer. Vor allem Filialisten drängen nach. Metzger Verkoyen etwa wird von einem Modeunternehmen ersetzt, das Traditionslokal Spinnstube an der Wallstraße von Woyton — das Ende des Monats seine Filiale an der Mittelstraße verlassen muss —, in den Hühner-Hugo soll 2014 Kentucky Fried Chicken ziehen. Neu ist diese Entwicklung übrigens nicht: Wo einmal die Mata-Hari-Passage war, werden längst Burger serviert.

In die Räume von Ewald Pesch, der Ende März schließen muss, zieht im Frühling Wellensteyn — eine Marke, die der 73-Jährige selbst anbietet. „Eine bittere Pointe“, sagt er im WZ-Gespräch. „So werden die Innenstädte immer uniformer.“ Vor 15 Jahren habe es noch fünf inhabergeführte Herrenausstatter in der Altstadt gegeben, nun gehe mit ihm der letzte.

Auch Peschs Nachbar, der Fan-Shop Filou, ist betroffen, da der neue Investor die Ladenlokale zusammenlegen will. „Von Mietoptimierung spricht der neue Eigentümer“, sagt Pesch. Er könne da nicht mehr mithalten. Aufgeben will er aber nicht. „Ich suche nach einer Alternative in der Altstadt, aber bei diesen Mieten ist das sehr schwierig.“ Realistisch sei da eher eine Randlage.

Auch Sven Schulte von der IHK beobachtet: „Die Top-Lagen können sich fast nur noch die Filialisten leisten.“ In allen deutschen Innenstädten sei ein „Konzentrationsprozess der Filialen“ zu beobachten. Ihr Vorteil: Sie verfügen über ein funktionierendes Konzept, bieten bekannte Produkte an und haben ihr Online-Geschäft bereits ausgebaut.

Trotzdem gibt er den kleinen, individuellen Läden auch in der Altstadt noch eine Chance. Allerdings eher in den Nebenstraßen, wo die Mieten nicht ganz so hoch sind.

Tatsächlich gibt es noch eine Reihe von kleinen Modeläden und die Mandelbrennerei Gagliardi an der Kapuzinergasse oder das kleine „Gewürzhaus“ an der Mertensgasse. „Das ist doch sehr charmant“, sagt Martin Lück von der Altstadtgemeinschaft und Inhaber von Schumann-Optik — seit 100 Jahren an der Heine-Allee. Er hat noch Hoffnung für die Vielfalt in der Altstadt und ist optimistisch, dass letztlich alle von ihrer attraktiven Lage profitieren. „Die Altstadt insgesamt erzeugt einen Sog, von dem auch die Kleineren profitieren können.“

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