Schulden 90 Millionen-Kredit: FDP setzt Ampel Ultimatum

Stadt muss sich 90 Millionen Euro bei Bank leihen. Liberale fordern Schaffung von dauerhafter Liquidität: „Sonst sagen wir Tschüss.“

Schulden: 90 Millionen-Kredit: FDP setzt Ampel Ultimatum
Foto: Bernd Nanninga

Düsseldorf. Noch ist die Schuldenlinie für die FDP nicht überschritten: „Aber wir stehen als Stadt ganz kurz davor“, sagt Fraktionsvize Manfred Neuenhaus. Und weil der Erhalt der Schuldenfreiheit für die Liberalen das politische A und O ist, warnen sie jetzt erstmals ganz offen vor dem Bruch des Ampel-Bündnisses mit SPD und Grünen — und stellen sogar ein Ultimatum: Wenn die Stadt bis Mitte September nicht neue, langfristige Liquidität aufbaue in einer Größenordnung von mindestens 300 Millionen Euro — „dann sagen wir Tschüss“ formulierte es FDP-Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann in gewohnter Klarheit. Jetzt werde man mit den Partnern SPD und Grünen schnell Konzepte beraten. Was OB Geisel wolle, sei rätselhaft, letztlich aber auch „irrelevant“, sagte Strack-Zimmermann, und: „Der OB würde sicher hemmungslos die Kreditkarte zücken, wir haben eine Verantwortung, das zu verhindern.“

Schulden: 90 Millionen-Kredit: FDP setzt Ampel Ultimatum
Foto: Nellessen/Stadt Düsseldorf

Wie kam es zu solch drastischen Äußerungen? Was war passiert? Eine Stunde zuvor hatten OB Geisel und Kämmerin Dorothée Schneider mitgeteilt, dass sich die Stadt kurzfristig 90 Millionen Euro bei einer Bank leiht, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Der Kredit ist zinsfrei (0,0 Prozent) und läuft bis Ende November. Erst Ende Januar hatte die Messe ihrer Mutter Stadt 40 Millionen Euro geborgt (Zins: 0,1 %). Diese Summe gibt die Stadt der Messe jetzt zurück, auch dafür dient der neue Kredit bei der Bank. Mit den restlichen 50 Millionen werden ad hoc bereits kassierte Gewerbesteuern an Unternehmen erstattet. Allein in den beiden ersten Monaten 2016 muss die Stadt insgesamt 109 Millionen Euro zurückzahlen, sagte Schneider: „Das ist so noch nie in Düsseldorf vorgekommen und war auch nicht vorhersehbar.“

Übrigens: Die betroffenen Firmen dürfen sich auch noch über eine Verzinsung ihrer Ansprüche von sechs Prozent freuen. Dass sie insofern womöglich mit Absicht der Stadt erst mal zu viel Gewerbesteuern überweisen, will im Rathaus aber niemand behaupten.

Einen Ratsbeschluss benötigt die Stadt für diesen Kredit nicht, der Rat hat die Kämmerin in der Haushaltssatzung dazu ermächtigt, Liquiditätskredite aufzunehmen. Sie dürfen aber nicht für Investitionen genutzt werden. Dennoch stellte die FDP klar, dass sie den neuen Krediten im Rat nicht zugestimmt hätte.

Geisel betonte, die Stadt stehe finanziell insgesamt weiter sehr gut da. Es gehe nur um einen kurzfristigen Dispo-Kredit, bis wieder neue Gewerbesteuer in die Kasse komme. Die seit Jahren anhaltende Schmelze der Rücklage aufgrund strukturell unausgeglichener Haushalte müsse aber gestoppt werden. Schnelle Sparpläne habe er freilich nicht. Die Kämmerin indes versprach, alsbald Konzepte zur Ausgabenreduzierung und Einnahmenerhöhung vorzulegen, und nannte explizit „Veräußerungen im Portfolio der Stadt“, sprich Anteilsverkäufe als ein Beispiel. Genau die fordert auch die FDP schon länger und brachte 2014 vor allem den Flughafen als Verkaufsobjekt ins Gespräch.

Einig sind sich Stadtspitze und alle Parteien, dass das Land der Stadt zügig die Ausgaben zur Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zurückzahlen müsse. Wie berichtet, sollen da für 2015 noch 45,7 Millionen Euro ausstehen.

Zurück zur „Ampel“: SPD und Grüne nahmen das FDP-Ultimatum zum Erhalt der Schuldenfreiheit gelassen auf. „Der Kredit ist ein ganz normaler Vorgang, er taugt nicht zur Skandalisierung“, sagt SPD-Fraktionschef Markus Raub. Mit der FDP sei man einig, dass jetzt an liquiditätsverbessernden Maßnahmen gearbeitet werde. Raub: „Ergebnisse legen wir auch nicht erst im September vor.“ Dem Verkauf von Beteiligungen der Stadt stehe er aber skeptisch gegenüber: „Wir schließen nicht aus, aber Tafelsilber kann man immer nur einmal verkaufen.“ Norbert Czerwinski (Grüne) sagt: „Der neue Kredit ist eine unangenehme Überraschung, aber kein Drama. Richtig indes ist, dass wir OB Geisel Beine machen müssen, damit sich die Finanzlage der Stadt langfristig verbessert.“ Leicht durchsetzbar sei da aber wenig, Widerstand programmiert.

CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt wiederholt seine Forderungen nach einem Kassensturz und einem ehrlichen Spargipfel: „Die Lage wird immer besorgniserregender, Geisel hat die Finanzen der Stadt nicht im Griff.“

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