„Niemals überstürzt handeln“

Der Chef des Brustzentrums am Luisenkrankenhaus, Dr. Mahdi Rezai, rät Frauen mit Brustkrebs zu Zweitmeinungen.

Düsseldorf. Dr. Mahdi Rezai ist Ärztlicher Direktor des Brustzentrums am Luisenkrankenhaus. Seit mehr als 25 Jahren setzt sich für bessere Operationstechniken und eine zielgerichtete Ausbildung von Ärzteb ein.

Vor allem aber liegt ihm die Aufklärung der Frauen und ihrer Familien am Herzen. Ein Gespräch zu neuen Entwicklungen in der Behandlung.

Mahdi Rezai: Als Chirurg muss ich mich fragen, wie ich sie individuell und adäquat durchführen und dabei das beste ästhetische Ergebnis erreichen kann. Es ist die Kunst des Operateurs, verschiedene Techniken zu beherrschen und zu modifizieren, um eine hohe Rate an Brust erhaltender Therapie zu erzielen.

Rezai: Sie ist nach wie vor ausschlaggebend, wenn der Eingriff möglichst klein gehalten werden soll. Hier profitieren wir besonders von der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Kollegen, denn dadurch sind die Heilungs- und Überlebenschancen nachweislich enorm gestiegen. Im Frühstadium ist eine solche Operation nicht besonders aufwändig oder kompliziert. Manchmal reichen auch kleine Eingriffe, um gute Ergebnisse zu erzielen.

Rezai: Steht ein Arztgespräch bevor, sollte der Partner, ein Familienmitglied oder eine andere Vertrauensperson einbezogen werden. Man hat nachgewiesen, dass die verständlicherweise aufgeregten Patientinnen nur 20 Prozent aller Informationen erfassen können.

Und wer kann damit schon eine schwer wiegende Entscheidung treffen? Zweitens: Niemals überstürzt handeln. Sie haben Zeit. Es empfiehlt sich immer, vor Operationen eine zweite Meinung einzuholen.

Der nächste Weg sollte zu einem hochspezialisierten Brustoperateur, der sich nur mit dem Thema Brust befasst, führen. Diese Spezialabteilungen garantieren die bestmögliche Behandlung. Unser Brustzentrum bietet spezielle Sprechstunden für Zweitmeinungen an.

Rezai: Ein sehr modernes Thema. Wir haben es durch Chemotherapie vor der Operation tatsächlich geschafft, die Rate der Brust erhaltenden Eingriffe um zehn Prozent zu erhöhen.

Die Tumoren werden kleiner und dadurch besser operabel. Manche haben mit dieser Methode ein Problem, weil der Tumor für ein paar Monate länger in der Brust bleibt.

Das hat aber nach neuesten Erkenntnissen keine Nachteile für Patientin. Dafür den großen Vorteil, dass wir gleich prüfen können, ob die Chemotherapie wirksam ist.

Rezai: Nein, bei der Strahlentherapie verhält es sich die Reihenfolge anders. Nur in speziellen Fällen, etwa einem entzündlichen Brusttumor, kann man vorher bestrahlen. Dies wird individuell entschieden.

Rezai: Man würde sie jeder Frau gern ersparen, was manchmal leider nicht möglich ist. Wenigstens hat die Amputation durch die ausgefeilten Techniken beim Brustaufbau einen Teil ihres Schreckens verloren.

Aber die Entscheidung, ob sie diese Nachbesserung wünscht oder nicht, liegt alleine bei der Patientin. Hier müssen wir Ärzte uns eher neutral verhalten und ihren Wunsch respektieren.

Rezai: Auch das entscheidet die Patientin, wir dürfen sie nicht unter Druck setzen. Ich plädiere allerdings eher dafür, eine gewisse Zeit verstreichen zu lassen.

Manche Frauen sind später mit dem Ergebnis der Operation so zufrieden, dass sie auf die Rekonstruktion verzichten. Besonders, wenn eine so genannte Dekolleté erhaltende Operation vorgenommen wurde. Hier reicht eine Einlage im BH aus, um den Eingriff unsichtbar zu machen.

Rezai: Es ist in der Tat so, wenn der Tumor früh erkannt wurde. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass leider ein Teil der Patientinnen, obwohl Sie den Tumor ertasten, nicht den Weg zum Arzt finden.

Und für diese Patientinnen kann die Krankheit bedrohlich werden. Diesbezüglich muss mehr Bewusstsein bei der Bevölkerung geschaffen werden. Auch das Früherkennungsprogramm (Screening), das jetzt läuft und von den Kassen bezahlt wird, ist eine sinnvolle Basis.

Rezai: Gegner gibt es immer. Man muss die Menschen überzeugen, dass wir nur gemeinsam etwas erreichen können. Wenn wir durch das Brustkrebs-Screening Frauenleben retten können, haben wir ein gewaltiges Werk vollbracht.

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