19 Jahre, zwei Kinder, allein

Viel Zeit zum Ausgehen hat die junge Mutter Andrea Beyen nicht, und auch das Geld ist knapp. Sie hat lernen müssen, dass es in Ordnung ist, wenn ihre Nerven blank liegen.

Düsseldorf. Miguel ist ein Wunschkind. Als Andrea Beyen vor fast zwei Jahren feststellte, dass sie schwanger war, empfand sie einfach nur Glück. Die heute 19-Jährige hatte sich alles so schön vorgestellt: ein bisschen kuscheln, Fläschchen geben und ein harmonisches Beisammensein mit ihrem Freund Daniel (Name von der Redaktion geändert), Miguels Vater.

Doch Andreas Leben verlief ganz und gar nicht wie in ihren Träumen. Am Ende einer langen Reihe von Wunschvorstellungen war es am einfachsten, das Kind zu lieben. Alles andere wurde mit jedem Tag unerfüllbarer, komplizierter. Und schmerzvoller.

Daniel ist inzwischen weitestgehend aus dem gemeinsamen Leben ausgestiegen, und Andrea wird von einer Mitarbeiterin der Diakonie unterstützt und von der Familie ihres Ex-Freundes.

Vor sieben Wochen kam Töchterchen Chanel zur Welt. Der Vater ist wieder Daniel. Das Baby, 2700 Gramm leicht und sehr pflegebedürftig, war kein Wunschkind, eher eine Überraschung. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich nach der Geburt von Miguel so schnell wieder schwanger werden könnte", sagt die junge Frau. Das denken viele, hat Amsink festgestellt. "Ein fataler Irrtum."

Die Diakonie-Mitarbeiterin steht Andrea fünf Stunden pro Woche zur Seite. Der Kontakt kam über das Präventionsprojekt "Zukunft für Kinder in Düsseldorf - Hilfen für Kinder und Familien in Risikolagen" (siehe Kasten) zustande. Schon nach der Geburt des ersten Kindes bot man dem Mädchen im Krankenhaus diese Unterstützung an.

Eine Freundin aber warnte die 19-Jährige. "Als sie hörte, dass ich etwas unterschreiben sollte, glaubte sie sofort, man könnte mir die Kinder leichter wegnehmen." Die diffuse Angst vor der Macht der "Fürsorge" hält sich in Andreas Freundes- und Bekanntenkreis hartnäckig.

In Garath gibt es viele sehr junge Mütter. Ein Phänomen, das im Stadtteil mit "Babytown" seinen Namen bereits weg hat. Zahlen belegen diese Auffälligkeit in dem südlichen Stadtteil indes nicht. Nach Auskunft des Jugendamtes leben im ganzen Stadtgebiet rund 170 Mütter im Alter von unter 15 bis 20 Jahre.

Die Geschichte der Mädchen ist fast immer dieselbe. "Man will raus aus seinem alten Leben", sagt Andrea Beyen. Für sie bedeutete das Stress, von dem Tag an, als Söhnchen Miguel zur Welt kam. Das Baby litt unter Koliken und schrie Tag und Nacht. "Dann kam da noch der Stress mit Daniel und mit meiner Familie dazu. Ich konnte in dieser Zeit nichts mehr essen, es ging gar nichts mehr." Irgendwann kapitulierte sie vor ihren eigenen Ansprüchen. Klappte einfach zusammen.

Heute hilft ihr Petra Amsink bei der Haushaltsführung, sie hat ihr auch erklärt, wie eine Nachtspeicher-Heizung funktioniert. Denn im vergangenen November waren Andrea und ihr kleiner Sohn acht Wochen ohne Heizung, weil die junge Mutter die Stromrechnung nicht bezahlt hatte. "Wir sind zu Daniel und seiner Familie gezogen", erzählt Andrea. "Das hat sogar ganz gut geklappt."

Die Familie des Ex-Freundes ist neben Petra Amsink die andere große Stütze im Leben der 19-Jährigen. Miguel ist regelmäßig bei der Oma, auf die man sich auch im Notfall immer verlassen kann. "Als Miguel in der ersten Zeit nach seiner Geburt dauernd geweint hat, habe ich es irgendwann nicht mehr ausgehalten. Ich hab’ Daniels Mutter angerufen und gesagt: Hol’ ihn ab oder ich dreh’ durch."

Langsam beginnt sie, die Struktur ihres neues Lebens zu durchschauen. Das macht ihr Mut. Noch in diesem Jahr will sie mit ihrer Ausbildung als Kinderpflegerin beginnen, wenn alles gut geht, und Miguel den Platz in der Kita bekommt und sie ihre kleine Prinzessin auch gut untergebracht weiß.

"Ich liebe meine Kinder", sagt Andrea. "Aber meinen Weg würde ich niemandem empfehlen."

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