100 Jahre Frauenwahlrecht — einige Ziele sind erreicht, doch viele sind noch offen

Im rappelvollen Savoy-Theater gab es für die Zuschauer Theorie, Praxis und auch Klischees.

100 Jahre Frauenwahlrecht — einige Ziele sind erreicht, doch viele sind noch offen
Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/Melanie Zanin

Düsseldorf. Wer als Mann den Düsseldorfer Abend zum Internationalen Frauentag besucht hat, hat mindestens zwei Vorurteile weniger mit nach Hause genommen. Nummer eins: So ein Abend ist sicher eine kleine, ruhige Feierstunde mit vielleicht 100 Gästen. Die Wirklichkeit war ein rappelvolles Savoy-Theater mit mehr als 500 Zuschauern, die jubelten, lachten, zwischenriefen und Männer nicht ganz so ernst nahmen, wie die das gerne hätten. „Wir sind so viele, nächstes Mal müssen wir in den Dome“, sagte Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke in ihrer Begrüßungsrede.

Beseitigtes Vorurteil Nummer zwei: Wenn an diesem Abend 100 Jahre Frauenwahlrecht gefeiert werden, dann ist doch schon alles in Ordnung. Der Blick auf den Anteil weiblicher Abgeordneter in Bundes- und Landtag sowie im Düsseldorfer Stadtrat allein reichte, um zu wissen, dass die Gleichstellung noch nicht erreicht ist. Der Unterschied bei den Gehältern, bei den Zeiten für die Erziehung oder die Pflege von Angehörigen, die in den verschiedenen Beiträgen des Abends Thema waren, verstärkten den Eindruck. Folglich war die zentrale Frage des Abends, was zu tun ist und wie die offenen Ziele erreicht werden können. Und was Holzwege sind.

Rebecca Beerheide, Herausgeberin des Buchs „100 Jahre Frauenrecht“ und zuständig für den theoretischen Teil des Abends, half bei der Diskussion mit Hinweisen auf die Wurzeln. Das Frauen-Wahlrecht kam 1918 nicht aus dem Nichts, ihm sind mindestens 70 Jahre Ringen um dasselbe vorausgegangen. Kämpfen und Weiterkämpfen lohnen sich. Und es gibt einige Vorbilder — etwa in der ersten Nationalversammlung — mit denen man sich heute beschäftigen sollte, um zu lernen, was errungen wurde und vor allem wie.

Expertin in Sachen Holzweg war Kabarettistin Christine Prayon, bekannt als Birthe Schneider aus der „heute-show“. Sie las aus einem Roman vor, den sie vorgab, geschrieben zu haben, ein Werk, das absichtlich über und über voll mit sprachlichen und sonstigen Klischees ist. „... sagte sie mit einer Mischung aus Angst und Furcht“, war eine dieser Formulierungen. Ansonsten wurde viel geschmunzelt und mit kaffeehaltigen Getränken heruntergespült. Prayons Botschaft: Bücher wie dieses werden gerne als feministische Literatur bezeichnet — und haben damit so gar nichts gemeinsam. Vielmehr verwechseln sie weiblich mit Weibchen, bestätigen mit vermeintlich frecher Frauenliteratur diverse Bilder, die Männer auch 2018 noch pflegen. In einem Satz: „Shoppen ist kein Hobby, sondern das englische Wort für Einkaufen.“

Wer durch den Abend beflügelt wurde, sich zu engagieren, erhielt zum Abschluss zehn 60-sekündige Anregungen, wo dies möglich ist. Vereine, Parteien, Gewerkschaftsorganisationen präsentierten sich in Kurzform - und gaben zusammen ein beeindruckendes Bild ab. Aber dass in Düsseldorf mehr los ist, als Mann so annimmt, hatten wir ja schon.

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