Tri State Corner auf dem Sprung in die Mittelklasse

Mit dem neuen Label Drakkar ist die CD „Historia“ der Burscheider Band erstmals europaweit verfügbar.

Burscheid. Lässt sich eine Hard-Rock-Band führen wie ein Wirtschaftsunternehmen? Die Bouzouki-Rocker von Tri State Corner (TSC) haben schon eine Zielgruppenanalyse betrieben und vor drei Jahren einen 30-seitigen Strategieplan erarbeitet.

Und als das deutsche Plattenlabel Drakkar Entertainment zu Jahresbeginn von der Band Angaben zu Lizenzen, Vertrieb, Absatz, Gewinn- und Verlustrechnungen sowie Abschreibungen verlangte, dauerte es genau drei Tage, bis alles vorlag. Das hatte man bei Drakkar noch nie erlebt. Der Vertrag ist inzwischen unter Dach und Fach.

Wem das alles zu geschäftsmäßig klingt, der sollte es auf ein Gespräch mit Sänger Vassilios „Lucky“ Maniatopoulos ankommen lassen. Spätestens dann wird klar, mit wie viel Hingabe die fünf Musiker aus drei Ländern seit Februar 2004 ihren Traum verfolgen. „Mein Traum ist, so vielen Menschen wie möglich meine Musik zugänglich zu machen“, sagt Lucky. Die entscheidende Stufe auf diesem Weg, glaubt er, hat die Band gerade vor sich.

Es ist die Stufe in die Mittelklasse. „Mit einem Bein sind wir jetzt drauf. Aber es ist die schwierigste Stufe, die du nehmen kannst. Du kannst daran scheitern oder ewig darauf hängenbleiben.“ Es ist die Stufe, die den Zugang zu den Medien eröffnet, vor allem zu den Fernsehstationen. Der Labelvertrag könnte der Band die Luft verschaffen, die Stufe zu meistern.

„Wir arbeiten beständig, konsequent, fleißig und mit Hingabe“, beschreibt Lucky, nach eigener Einschätzung „Mama, Klassensprecher und Treiber der Band“, das Vorgehen. Dass der Wirtschaftsingenieur und Vertriebsleiter bei Johnson Controls dafür nicht nur den Großteil seiner Freizeit, sondern auch berufliche Erfahrungen investiert, davon profitiert das gesamte Unternehmen TSC.

Und es ist schon viel erreicht. „Vor zwei Jahren haben 10 000 Leute unsere Videos bei You Tube angeguckt, inzwischen gibt es insgesamt 250 000 Aufrufe. Bei Facebook haben wir mit 300 Likes angefangen. Jetzt sind wir bei 10 000.“ Über 200 Radiosender spielen TSC-Songs, in 15 Fernsehshows ist die Band schon aufgetreten.

Aber sie setzt trotzdem nicht alles auf eine Karte. Professionell durch und durch, gehen doch alle Bandmitglieder weiter ihrem Beruf nach, drei davon unter dem Dach von Johnson Controls. Das ermöglicht ein Nein bei schlechten Vertragsbedingungen. Das ermöglicht Investitionen in die Struktur und das Equipment, wo anderen Bands das Wasser bis zum Hals steht. „Wir wollen eine gesicherte Basis“, sagt Lucky.

Mit Drakkar Entertainment in Witten ist auf dieser Basis ein Label ganz nach Luckys Geschmack gefunden: „Wir haben ein Zuhause für die Band gesucht: groß genug, um wachsen zu können, klein genug, um es nicht mit einem Konzern zu tun zu haben, und nah genug.“ Ab dem 5. April wird das 2011 produzierte Album „Historia“ europaweit vertrieben. Drei weitere Alben sind vereinbart, die ersten sechs Songs für das nächste schon durchgewunken.

Und immer wieder gibt es Momente, in denen sich diese Solidität von TSC bezahlt macht. Als die Band 2009 in Polen weilte, erfuhr sie von einer zeitgleichen Nazareth-Tour und bot sich als Vorgruppe an. In Kattowitz angekommen, schien der Auftritt zu platzen. Die renommierten schottischen Altrocker waren mit der Anlage vor Ort nicht zufrieden. TSC konnten aushelfen. „Diese Tour haben wir nur wegen unseres Equipments bekommen.“ Heute sind die Bands befreundet. Manchmal muss man Träumen eben auf die Sprünge helfen.

Das hat Lucky schon früh erlebt. Mit 15 bat er in Castrop-Rauxel sein Idol, den „Rage“-Schlagzeuger Christos Efthimiadis, um ein Autogramm. Der sagte ihm zu, mal im Proberaum vorbeizukommen — und kam. Acht Jahre hatte Lucky bei ihm Unterricht, wich als sein Techniker nicht von seiner Seite, hockte staunend mit Bands wie Motörhead an einem Tisch. Heute sitzt Christos bei Tri State Corner an den Drums — und Lucky singt.

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