Statist beim Tatort-Dreh: Der Mann von der Spurensicherung

Für den Tatort schlägt sich Mirco Haase schon mal eine Nacht um die Ohren, um die Dreharbeiten live erleben zu können.

Burscheid. Mirco Haase ist müde. Eigentlich verdient der Industriekaufmann sein Geld beim Marktführer für gewerbliche Spülmaschinen. Aber die Nacht hat der Burscheider auf dem Parkdeck 4 des Kölner Kaufhofs verbracht — als Teil der Spurensicherung in einem Mordfall.

Das gibt seine Berufsqualifikation zwar eigentlich nicht her, aber als Statist beim Tatort-Dreh gelten auch andere Anforderungen. Sie haben eher etwas mit dem richtigen Alter und der Verfügbarkeit zu tun. Und weil der bekennende Tatort-Fan Haase beides erfüllt, gewinnt er derzeit Einblicke, die dem gewöhnlichen Fernsehzuschauer verborgen bleiben.

Als eine Agentur vor gut einem Monat zum Statisten-Casting ins Leverkusener Kinopolis einlud, liefen neben dem 41-Jährigen auch gleich seine Frau, die BV-Fotografin Nicole Haase, und die beiden Kinder Finn (8) und Fiora (5) auf. Doch angerufen wurde zum Leidwesen des Restes der Familie bisher nur er.

Zum ersten Mal kam Haase bei den Dreharbeiten vor zwei Wochen in Leichlingen zum Einsatz. Gut neun Stunden musste er vor Ort ausharren, viel Wartezeit in Kauf nehmen und sich bemühen, bei den Aufnahmen einzelner Szenen aus verschiedenen Perspektiven auch immer wieder dasselbe zu machen, damit es nachher beim Zusammenschneiden keine Widersprüche gibt.

Seine Aufgabe als Experte der Spurensicherung: fotografieren, Notizen machen, mit dem Zollstock hantieren. Und so tun, als unterhielte er sich wichtig mit den Kollegen. „Die alten Hasen im Geschäft haben mir erklärt, dass man nicht nur den Mund bewegen, sondern auch etwas flüstern soll, damit es echt aussieht.“ Dass das Geflüster manchmal Unfug ist, bei dem man sich trotzdem das Lachen verkneifen muss, versteht sich von selbst.

Mittwochnacht dann Haases zweiter Einsatz, weil für eine Tatort-Folge möglichst immer dieselben Statisten angefordert werden, damit auch die Gesichter im Hintergrund stimmig sind. Gedreht wurde in Köln, obwohl es sich um eine Münsteraner Folge mit dem beliebten Duo Thiel und Boerne alias Axel Prahl und Jan Josef Liefers handelt. Und in der Rolle des Mordopfers war diesmal der Schauspieler und Musiker Frank Zander dabei.

Die 72 Euro taugen da kaum als Motivation, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen. Viel mehr schon die Eindrücke, die man vom Fernsehgeschäft bekommt. „Es ist für mich weniger interessant, wie die Schauspieler agieren, sondern zu sehen, dass es sich um ein wirkliches Handwerk handelt.“ Als zum Beispiel in der Villa in Leichlingen für eine Kameraeinstellung mal eine Flügeltür im Weg ist, wird sie von zwei ständig am Set anwesenden Handwerkern kurzerhand ausgebaut.

Erstaunt ist Haase auch über den freundschaftlichen Umgang der Hauptdarsteller. „Axel Prahl und Jan Josef Liefers verstehen sich offenbar sehr gut und es wird viel herumgealbert.“ Nach seiner Einschätzung mache diese lockere Atmosphäre am Ende auch den Münsteraner Tatort aus.

Zwei weitere Anfragen hat Haase schon abgelehnt. Schließlich muss er auf seinen Arbeitgeber und die Urlaubstage achten. Aber die Statistenrolle bei einer Kinderbuchverfilmung mit Anke Engelke und Bastian Pastewka will er sich nächsten Dienstag dann doch nicht entgehen lassen. „Mittlerweile“, sagt er nach seinen ersten Komparsenerfahrungen, „sehe ich das mit ganz anderen Augen, wenn ich abends Fernsehen gucke.“

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