Konflikte Polizei löst Kurden-Demo in Köln auf - Rangeleien beim Hauptbahnhof

Die Kölner Polizei hat die Demonstration von mehr als 20.000 Kurden am Samstagnachmittag vorzeitig beendet. Am Abend gab es Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und Beamten.

 Weil verbotene Bilder und Symbole offensiv gezeigt wurden, löste die Polizei die Demo auf. Später kam es zu Rangeleien.

Weil verbotene Bilder und Symbole offensiv gezeigt wurden, löste die Polizei die Demo auf. Später kam es zu Rangeleien.

Foto: Rainer Jensen

Köln. Die Kölner Polizei hat eine Großdemonstration von Kurden mit einem Protestzug am Samstag nach fünf Stunden vorzeitig gestoppt und die Versammlung mit mehr als 20.000 Teilnehmern aufgelöst. Trotz mehrfacher Aufforderung seien in massiver Weise weiter verbotene Öcalan-Fahnen geschwenkt worden, begründete die Polizei ihre Entscheidung. Das Zeigen von Symbolen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und ihrem inhaftierten Anführer Abdullah Öcalan ist auch in Deutschland untersagt und strafbar.

Nach Verstößen gegen Auflagen und das Versammlungsgesetz habe man die Demo beendet, sagte eine Sprecherin. Es sei kistenweise verbotenes Material sichergestellt worden. Zwei Personen, die vom Straßenrand aus immer wieder für Fahnen-Nachschub sorgten, wurden in Gewahrsam genommen.

 Mehr als 20.000 Teilnehmer demonstrieren in Köln gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien. Nach nur wenigen hundert Metern ist der Zug zwischenzeitlich gestoppt worden.

Mehr als 20.000 Teilnehmer demonstrieren in Köln gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien. Nach nur wenigen hundert Metern ist der Zug zwischenzeitlich gestoppt worden.

Foto: Rainer Jensen

Zwischen einzelnen kurdischen Demonstranten und der Kölner Polizei ist es nach dem Abbruch des Protestzuges zu Rangeleien gekommen. Trotz Auflösung der Demo durch die Polizei seien mehrere Hundert Menschen auf einem Platz in der Nähe des Hauptbahnhofs zusammengekommen, um dort doch noch eine Abschlusskundgebung zu halten, schilderten Augenzeugen. Eine Polizeisprecherin sagte, Demonstranten hätten Fahnen auf Beamte geworfen, und es habe körperliche Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Polizisten gegeben. Die Beamten hätten Pfefferspray eingesetzt. Ob es Verletzte gab, sei noch unklar, hieß es gegen 17.30 Uhr. Am Sonntagmorgen bewertete die Polizei in ihrer Zwischenbilanz zum Einsatz den Abzug der Demonstranten insgesamt trotzdem als "weitgehend friedlich". Mit einer endgültigen Bilanz sei erst am Montag zu rechnen.

 Teilnehmer der Kurden-Demo gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien versammeln sich seit Samstagvormittag auf dem Ebertplatz und halten kurdische Fahnen hoch. Darunter sind auch einige mit dem Konterfei des inhaftierten PKK-Führers Öcalan.

Teilnehmer der Kurden-Demo gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien versammeln sich seit Samstagvormittag auf dem Ebertplatz und halten kurdische Fahnen hoch. Darunter sind auch einige mit dem Konterfei des inhaftierten PKK-Führers Öcalan.

Foto: Marius Becker
Kurden-Demo mit 20.000 Teilnehmern in Köln
32 Bilder

Kurden-Demo mit 20.000 Teilnehmern in Köln

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Rechtsbruch werde in Nordrhein-Westfalen nicht geduldet, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). „Das ist das Signal von Köln.“ Das konsequente Einschreiten der Polizei sei korrekt gewesen. Linke-Chefin Katja Kipping dagegen hat den Abbruch der Kurden-Großdemonstration als „nicht verhältnismäßig“ kritisiert. „Ich finde nicht, dass man jetzt von Seiten der Versammlungsbehörden einen indirekten Kniefall vor Erdogan machen muss“, sagte Kipping vor Journalisten.

Am Vormittag hatten sich die Teilnehmer am Ebertplatz gesammelt und sich von dort nach einer Auftaktkundgebung in Bewegung gesetzt, um gegen die türkische Militäroffensive in Syrien zu protestieren. Die Demo musste im weiteren Verlauf mehrfach unterbrochen werden:

In seinen 12-Uhr-Nachrichten meldete der WDR erstmals, die Polizei habe den Demonstrationszug gestoppt - offenbar weil verbotene Fahnen und Bilder mit dem Konterfei des Kurden-Anführers Öcalan gezeigt wurden. Im Radio kam ein Sprecher der Sicherheitskräfte zu Wort mt dem Zitat, so lange die Fahnen gezeigt würden, werde man nicht zulassen, dass die Demo weitergehe. Der Kölner Stadtanzeiger berichtete, dass sich der Protestzug um kurz nach 12.30 Uhr wieder in Bewegung setzen konnte. Die meisten illegalen Fahnen und Symbole seien verschwunden gewesen, "so weit man sehen kann".

Gegen 13.40 Uhr muss die Demo dem Bericht der Lokalzeitung nach jedoch erneut gestoppt werden. Zitiert wird die Polizeidurchsage, nach der man weiteren Demonstranten die Möglichkeit zum Aufschließen geben wolle. Zitiert werden aber auch die Veranstalter - denmach habe die Polizei erneut gefordert, illegale Fahnen und Bilder zu entfernen. Derer waren nach Angaben des Stadtanzeigers um kurz nach 13.30 erneut "Dutzende" im mittleren Bereich der Demo aufgetaucht.

Gegen 14.45 Uhr stand die Demo nach Informationen der dpa dann noch immer still. Eine Reporterin des Dienstes berichtete zu diesem Zeitpunkt von einer "zunehmend aufgeheizten Stimmung" an der Spitze des Demo-Zuges. Ein Wasserwerfer sei in Position gebracht worden, ein zweiter sei einsatzbereit. Nach der Durchsage der Polizei würden eher noch mehr Öcalan-Fahnen geschwenkt als weniger. Außerdem seien einige vermummte Personen unter den Demonstranten.

Kurze Zeit später entschied sich die Polizei dann, die Veranstaltung zu beenden.

Die Kurden waren aus dem ganzen Bundesgebiet gekommen, um gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien zu protestieren. Sie folgten damit einem Aufruf des kurdischen Dachverbands Nav-Dem, der laut Bundesverfassungsschutz der PKK nahe steht. Der Protestzug hatte bis zu seinem Stopp nicht einmal die Hälfte der geplanten Strecke zurückgelegt. Erst im vergangenen November war in Düsseldorf eine Kurden-Demo gestoppt worden, weil Teilnehmer Öcalan-Bilder nicht eingerollt und Polizisten attackiert hatten.

Die Sicherheitskräfte sprachen schon im Vorfeld der Demo von „erheblichem Konfliktpotenzial“ - auch weil die Kölner Demo-Strecke (siehe Illustration unten) durch ein Viertel führte, in dem laut Polizei viele „nationalistisch geprägte Türken“ leben. Die Einsatzleitung rechnete zudem mit Hunderten Anhängern einer radikalen und gewaltbereiten kurdischen Jugendbewegung. Einer Polizeisprecherin zufolge gab es zunächst keine Erkenntnisse, ob diese in der Stadt negativ in Erscheinung traten. Bis zum Nachmittag sei es nicht zu Krawallen oder Ausschreitungen gekommen.

Die Kurdische Gemeinde forderte die Bundesregierung auf, aus Protest gegen die Militäraktion Sanktionen gegen die Türkei zu verhängen. „Die Türkei hat einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg begonnen“, sagte der Vize-Bundesvorsitzende, Mehmet Tanriverdi, der „Heilbronner Stimme“ (Samstag). Die türkische Armee war vor einer Woche in die syrische Region Afrin einmarschiert, um die kurdische Miliz YPG zu bekämpfen, die Ankara als PKK-Ableger und Terrororganisation einstuft. Es sollen auch Panzer aus deutscher Produktion eingesetzt worden sein.



(Die Illustration der Kölner Polizei zeigt den geplanten Demo-Weg. Foto: Polizei Köln)

„Die Bundesrepublik darf nicht zum Schauplatz innertürkischer Konflikte werden“, mahnte im Vorfeld der Demo der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow. „Stellvertreterkonflikte“, die in gewalttätige Angriffe auf politische Gegner, Unbeteiligte und Polizei mündeten, dürften nicht toleriert werden. Kölner Händler zeigten sich verärgert, weil Tausende Besucher von einem Einkauf in der Stadt abgehalten würden.

Die Bundesregierung hatte sich am Donnerstag besorgt über den militärischen Konflikt geäußert. Die kurdischen Einheiten YPG sind mit den USA verbündet. Die Türkei sieht die YPG als syrischen Ableger der PKK und damit als Terrororganisation. Nach bisherigem Stand des NRW-Innenministeriums haben Kurden für Samstag auch in Bonn oder Essen Veranstaltungen angemeldet. red/dpa

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