Kunst: Ein Wiedersehen mit Burscheid

Werke von Walther Schliephake sind bis 31. Januar im Haus der Kunst zu sehen.

Burscheid. "Das ist ja fast wie ein Klassentreffen" - für manche Burscheider wurde die Eröffnung der Ausstellung "Walther Schliephake - Leben und Wirken in schwieriger Zeit" im Haus der Kunst zum Wiedersehen mit ehemaligen Mitschülerinnen und Mitschülern.

Vor allem mit Wilhelm Schliephake, der die Bilder, Zeichnungen und Dokumente aus dem Nachlass seines Vaters der Stadt Burscheid als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt.

Ein Wiedersehen war es aber auch mit Burscheid, wie es einmal war: In Aquarellen, mit Pastellkreide, Bleistift, Buntstiften und Ölkreide hat Walther Schliephake (1888-1968) über Jahrzehnte Burscheider Ansichten festgehalten.

Es sind freundliche Bilder, die die Liebe zu seiner Heimatstadt dokumentieren.

Schülerinnen und Schüler der Burscheider Realschule sind unter Anleitung ihrer Kunstlehrerin Christa Engstenberg den Spuren dieser Bilder nachgegangen und haben unter dem Titel "Seine Bilder - die heutige Ansicht" Fotos und Zeichnungen zu einer bunten, beeindruckenden Collage zusammengefügt.

Die Resonanz der Ausstellung ist groß, für Wilhelm Schliephake "überwältigend", gilt es doch, die Begegnung mit einem lange in Vergessenheit geratenen Burscheider Künstler neu zu erleben.

Sehen lernen, was Walther Schliephake in seinen Bildern ausdrückte, das konnte man bei dem sehr persönlich gehaltenen Einführungsvortrag der Kreiskulturreferentin Susanne Bonenkamp, die die künstlerische Entwicklung Schliephakes in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang stellte.

Der Erste Weltkrieg, in dessen ersten Tagen der jüngere Bruder fiel, verhinderte ein Leben Walther Schliephakes ausschließlich als Künstler: er musste das elterliche Geschäft übernehmen.

Die Schrecken des Krieges prägten ihn ("Bei Ypern", 1918, "Wenn die Toten erwachen könnten", 1921) Sein pazifistisches Engagement trieb ihn 1919 in die Künstlergruppe "Junges Rheinland", 1920 trat er der Kommunistischen Partei bei. Verfolgung, Inhaftierung in das KZ Wuppertal waren die Folge.

Aus dieser Zeit sind in der Ausstellung erschütternde Bilder zu sehen: Das große Ölbild "Walter im Gefängnis (Vater auf einem Stuhl sitzend)" zeigt einen äußerlich der Freiheit beraubten Menschen, in dessen Blick der Stolz auf die bewahrte innere Freiheit jedoch unübersehbar ist.

Das Stillleben "Wasser und Brot" malte Schliephake am 22. April 1933 im Gefängnis Solingen mit Ölkreide, ebenso wie die Gefängniszelle in Siegburg (25. Mai 1935).

Bewegend auch das Bild des Burscheiders Zeno Bergers nach zwölfjähriger Haft (1945) und die Skizze mit Händen, Kopf, Totenkopf und den Anfangsnoten des Liedes "Nun ade du mein lieb Heimatland", gemalt am 16. Januar 1919. Es sind eindringliche Zeugnisse eines Künstlerlebens in der Bedrohung.

Schwerpunkt im Werk Schliephakes ist die Darstellung des Menschen, dessen Gesicht er erforscht, auch das eigene: Fünf Selbstbildnisse lassen den Künstler in den verschiedensten Lebensphasen vor unserem Auge lebendig werden.

Mit suchendem Blick scheint er den Betrachter mit hineinziehen zu wollen in die eigene Lebenssituation. Immer wieder hat Walther Schliephake auch die Menschen in seiner heimischen Umgebung gemalt: seine Mutter und den Sohn Wilhelm im Bett, seinen Vater Carl Schliephake, den Postboten in der Kirchenkurve, Schliephakes Geselle aus Hilgen, um nur einige zu nennen.

Beredtes Zeugnis der Schwierigkeiten, mit denen der unfreiwillig im Ladengeschäft des Vaters arbeitende Künstler zu kämpfen hatte, zeigt ein Emailleschild aus dem Jahre 1920: "Bilder, Porträts, Landschaften, Stillleben nach der Natur zeichnet und malt zu billigen Preisen Walther Schliephake".

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