Klinik Wersbach feiert bald 20-Jähriges

Zwei Jahrzehnte nach dem Kauf des Hauses spricht Inhaber Kurt Lammert von einer Erfolgsgeschichte. Doch es gibt nicht nur Grund zur Freude: Depressive Patienten werden immer jünger.

Klinik Wersbach feiert bald 20-Jähriges
Foto: Brassel

Burscheid/Leichlingen. Die Zahlen stimmen. „Das Haus ist immer ausgebucht“, sagt Inhaber Kurt Lammert 20 Jahre nach dem Kauf der Klinik Wersbach nicht ohne Stolz. 60 Menschen werden in der Psychosomatischen Klinik behandelt — zumeist wegen Depressionen. „Das ist die Volkskrankheit“, erklärt Klinikdirektor Dr. Christoph Florange.

Doch in die Erfolgsgeschichte des Hauses, die eine Dependance als Tagesklinik mit 20 Plätzen auf Gut Landscheid hat, mischen sich Stimmen der Nachdenklichkeit. Im Durchschnitt seien die Patienten zwar zwischen 45 und 55 Jahre alt und die Altersspanne von 18 bis 80 Jahren. Auch sei das Geschlechterverhältnis völlig ausgeglichen, obwohl laut Florange Frauen eigentlich eher wegen Depressionen behandelt würden, weil Männer beispielsweise eher dazu neigten, sich Probleme mit Alkohol vom Hals zu halten. Doch seit einigen Jahren suchen immer mehr jüngere Leute die Klinik wegen Verstimmungen auf, wie Geschäftsführer Ali Sevinmez ergänzt: „18, 19, 20 Jahre — Patienten in diesem Alter kommen immer häufiger.“ Und laut Projektmanager Acar Sar, der das in Burscheid gegründete Bündnis gegen Depression Rhein-Berg ins Leben gerufen hat und betreut, seien mittlerweile sogar zehn Prozent der regelmäßigen Patienten in dieser Altersklasse.

Bei der Ursachenforschung macht Dr. Christoph Florange eine Bewegung mit den Händen, die bei Kindern heute schon fast angeboren erscheint: Er bewegt zwei Daumen, während er mit den anderen Fingern eine virtuelle Box umschließt. Zockerkids und soziale Netzwerke seien häufig die Ursache dafür, dass junge Leute sich in der realen Gesellschaft nicht mehr zurechtfänden. Während sich bei betroffenen Erwachsenen häufig zeige, dass sie in der Berufswelt mit den digitalen Anforderungen überforderte seien, spiele bei jüngeren Menschen die soziale Scheinwelt eine Rolle. Sie seien häufig unfähig, die täglichen Probleme in ihrem normalen Alltag zu bewältigen, wenn sie sonst nur noch per Maus oder Konsole entscheiden könnten. Außerdem spiele der Druck eine große Rolle, an den sozialen Medien teilzuhaben. Wer nicht mitmache, sei eben nicht dabei. Ein Teufelskreis: Der junge Mensch fühle sich fast genötigt, immer und immer wieder in Chats einzusteigen.

Und das Handy werde kaum noch aus der Hand gelegt oder immer wieder in die Hand genommen.

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