„Ich bin schon lange ne kölsche Jung“

Mit seinem Roman „Das schönste Mädchen der Welt“ hat Michel Birbæk eine Hommage an sein Idol Prince geschrieben.

„Ich bin schon lange ne kölsche Jung“
Foto: Eppinger

Wie ist die Idee zum Buch „Das schönste Mädchen der Welt“ als Hommage an Prince entstanden?

Michel Birbæk: Ich bin seit fast 40 Jahren Prince-Fan. Die Nachricht von seinem Tod konnte ich zunächst gar nicht glauben. Ich hätte nie gedacht, dass sein Tod mir so derart nahe geht. Also habe ich begonnen, zu schreiben, um meine Gefühle zu kanalisieren, und nun ist der Roman da, meine Hommage an den Künstler, der mich in meinem Leben am meisten beeinflusst hat. Ich bin glücklich damit.

Und im April erscheint nun das Buch.

Birbæk: Ja, erst auf Deutsch und dann auf US-Englisch für den amerikanischen Markt. In diesem Jahr hätte er seinen 60. Geburtstag gefeiert, und dazu erscheint die US-Version als weltweit einziger Belletristikbeitrag, die deutsche Ausgabe erscheint zum Todestag. Über das Internet sind Bandmitglieder von Prince und seine Ex-Frau auf das Buch aufmerksam geworden. Ist gerade alles ziemlich verrückt und spannend.

Was bedeutet das Buch für Sie?

Birbæk: Es hat mein Leben auf dem Kopf gestellt. Ich schreibe wieder Romane und war letzte Woche das erste Mal seit 20 Jahren wieder im Studio, um Songs aufzunehmen. Durch seinen Tod bin ich kulturell neu erwacht.

Wann hatten Sie den ersten Kontakt zu der Musik von Prince?

Birbæk: Das war in den 80er Jahren. Es war die Zeit der Frauenbewegung in Deutschland, alles war so angestrengt zwischen den Geschlechtern, nicht mal Flirten ging. Und dann kam Prince mit Strapsen auf die Bühne, nahm Themen wie Sexualität in seinen Songs auf, hatte tolle, moderne und sexy Frauen in der Band und spielte Gitarre wie Jimi Hendrix. Wow. Mich hat das inspiriert, als Musiker auf ein neues Niveau gehoben und meinen Horizont erweitert — das gilt insbesondere bei den Themen meiner Songs. Leider war es damals schwer, ihn live zu sehen. Das Internet gab es noch nicht, Flüge in die USA waren ziemlich teuer und ich war, als Musiker, immer pleite.

Wann haben Sie Prince zum ersten Mal live gesehen?

Birbæk: Das war 1986 in Deutschland. Später habe ich Prince oft im Ausland gesehen. In den Niederlanden oder Dänemark konnten die Menschen besser Englisch und haben bei den Konzerten spontaner auf ihn reagiert. In Köln war ich bei jedem Konzert dabei — sowohl in der Live Music Hall als auch beim letzten Skandalkonzert in der Arena.

Wie nahe sind Sie Ihrer Hauptfigur Leo Palmer?

Birbæk: Ich nenne mein Schreiben semi-biografisch. Wenn man meine bisherigen Bücher sieht, erkennt man den Unterschied zu früher an dem Ich-Erzähler. Mir war der Bruch in der Figur wichtig, um das Finale als Parallele zur echten Prince-Story erzählen zu können.

Warum haben Sie vor 20 Jahren mit der Musik aufgehört?

Birbæk: Meine Kölner Band war eine Live-Band im Stil der Red Hot Chili Peppers. Wir waren wild, auch neben der Bühne. Da wird es mit Mitte 30 irgendwann schwer, das Ganze konsequent durchzuhalten. Zudem wurde uns damals endlich der große Plattenvertrag angeboten, den wir aber so nicht akzeptieren konnten. Das hat uns dann schließlich die Luft aus den Segeln genommen.

Beruflich haben Sie einiges gemacht — vom Tankwart über Musiker bis zum Drehbuchautor und Gag-Schreiber.

Birbæk: Das mit dem Tankwart hat sich so ergeben, ich brauchte als Sozialisierungsmaßnahme eine Ausbildung. Später kam die Musik und als es mit der Musik zu Ende war, kam ein Roman über die Band, der von Elke Heidenreich gelobt wurde, was Türen öffnete. Meine Comedy nannte ich Sit-down-Comedy, das war eine Art Comedylesung, mit der ich lange in Deutschland auf Tour war.

Welche Rolle spielt für Sie der Humor?

Birbæk: Humor war und ist in meinem gesamten Leben wichtig. Mein süßer Vater hat noch auf dem Sterbebett gewitzelt, dass er ab jetzt endlich keine Steuern mehr zahlen muss. Bei uns in der Familie galt das Motto, wenn man Spaß miteinander hat, gibt es weniger Konflikte, also wurde möglichst viel gelacht.

Wie sind sie als Däne nach Köln gekommen?

Birbæk: Durch die Liebe meiner Mutter für einen Deutschen. Ich war zwölf. Wir haben zunächst im Zonenrandgebiet Wolfsburg gelebt. Das war ganz gut für meine erste Band — da gab es kulturell sonst eher wenig und wir wurden schnell zu Regional-Heroes. Für mich war dort dann irgendwann zu eng und so wollte ich andere Städte kennenlernen. In Köln waren die Leute am freundlichsten, also Kölle - zum Glück. Beim Mauer-Jubiläum 25 Jahre, da wurde ich gefragt, ob ich meine Situation als integrierter Ausländer in Deutschland beschreiben könnte. Da wurde mir zum ersten Mal wirklich klar, wie schwer es mir immer noch fällt, an der deutschen Mentalität anzudocken. Doch als meine Karnevalsgruppe, Hysteria, vor drei Jahren das erste Mal bei den Schull- und Veedelszöch am Dom entlangzog, realisierte ich plötzlich, dass ich vielleicht noch kein Deutscher bin, aber ich bin schon lange ne kölsche Jung! Es ist viel einfacher, in Köln emotional anzudocken, als im restlichen Land.

Sie leben in Ehrenfeld.

Birbæk: Gefühlt, schon immer. Ich verlasse dieses Viertel vielleicht nie wieder dauerhaft.

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