Hinter der Beratung für Senioren steht ein Maklerinteresse

Akquise der DGS führt auch bei der städtischen Seniorenberaterin zu skeptischen Nachfragen.

Burscheid. Waltraud N. (77, Name geändert) erhielt zunächst einen Anruf. Um auch im Alter noch zu Hause wohnen zu können, sei es wichtig vorzubeugen, beispielsweise mit einem Hausnotruf. Man dürfe nicht warten, bis ein Notfall eingetreten sei. Für eine kostenfreie Beratung könne ein Seniorenberater ins Haus kommen.

Mit dieser telefonischen Akquise ist die Deutsche Gesellschaft für Seniorenberatung (DGS) derzeit offenbar verstärkt auch in Burscheid aktiv. Und geht dabei hartnäckig vor: Nachdem N.’s Sohn im Internet auf einen kritischen WDR-Bericht über die DGS gestoßen war, sagte er den Termin per Mail wieder ab. Trotzdem stand der schriftlich angekündigte Berater am Montag vor der Tür.

Die bundesweit aktive DGS mit Sitz in Engelskirchen verfügt nach eigenen Angaben über 90 Seniorenberater, die in 107 Städten und Landkreisen unterwegs sind. Außerdem arbeiten 80 Mitarbeiter in einem Callcenter in Görlitz.

Die DGS bietet dabei keine eigenen Produkte im Senioren- und Pflegebereich an, sondern tritt als Makler auf, nach Aussage einer Sprecherin auch „für alle Wohlfahrtsverbände“. Die weisen das zurück: „Wir schalten keine Makler ein, sondern betreiben für unsere Produkte nur direkte Akquise“, sagt ein Sprecher der Caritas Rhein-Berg. Und für die Johanniter-Unfall-Hilfe erklärt Pressereferentin Verena Goetze, „dass die Johanniter bundesweit keinen Kooperationsvertrag mit der DGS haben“. Der Fachbereich warne sogar ausdrücklich davor, weil die DGS im Verdacht stehe, nicht sauber zu arbeiten.

Skeptische Nachfragen Angehöriger haben inzwischen auch Cosima Schächinger erreicht, die Senioren- und Pflegeberaterin der Stadt. Sie hat sich mittlerweile bei ihren Kolleginnen im Kreis erkundigt und rät zur Vorsicht gegenüber der DGS — zumal sie selbst eine kostenlose und vor allem unabhängige Beratung in allen Fragen des altersgerechten Wohnens und möglicher Pflegehilfen bietet, bei Bedarf auch durch einen Hausbesuch.

Im vergangenen Jahr war im WDR auch der Vorwurf erhoben worden, Mitarbeiter der DGS würden sich als Vertreter des Medizinischen Dienstes oder anderer Ämter ausgeben. Das war in Burscheid offenbar nicht der Fall. Die schriftliche Benachrichtigung für das Beratungsgespräch ist eindeutig von der DGS verfasst.

Waltraud N. und ihr Mann (80) haben trotzdem ihre Konsequenzen aus den Informationen gezogen. Als der Berater vor der Tür stand, haben sie ihn nicht hereingelassen.

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