Erste Fahrt endete mit „fieser Beule“

Eva Lüdorf machte erst mit 43 Jahren ihren Führerschein und kaufte sich einen nagelneuen VW Käfer. Doch schon der erste Bordstein setzte dem Blech kräftig zu.

Erste Fahrt endete mit „fieser Beule“
Foto: Lüdorf

Burscheid. Erst mit 43 Jahren machte Eva Lüdorf ihren Führerschein. In ihrer Generation keine Seltenheit. „Ich hatte damals viele Männer und Frauen in meinem Lehrgang. Die Prioritäten waren zu der Zeit andere. Es gab Anschaffungen vorher, die wichtiger waren.“ Dennoch schafften alle die Prüfung. Und das sollte gefeiert werden. „Am fröhlichsten war unser Fahrlehrer“, erinnert sich die 93-Jährige heute an einen Abend, der ihren weiteren Lebensweg prägen sollte.

Erste Fahrt endete mit „fieser Beule“
Foto: Siewert

Den schwer angeheiterten Fahrlehrer wollten die Schüler natürlich nicht im Stich lassen. „Auf mich fiel das Los, ich musste ihn nach Hause fahren.“ Mit dem nagelneuen, lotosweißen VW Käfer („der war damals hip und für den kleinen Geldbeutel“) im Wert von 4000 Euro machte alsdann Eva Lüdorf ihre erste Nachtfahrt. Und sie lieferte den Mann sicher zu Hause ab.

Doch als sich am nächsten Tag der Nachbar bei ihr meldete, wies er auf eine „fiese Beule“ im Kotflügel des Käfers hin. „Das hatte offensichtlich abends beim Parken neben einem hohen Bordstein nicht gepasst“, sagt die Burscheiderin. Doch der Nachbar, ein Maler und ein Autorennfahrer, versprach, den Wagen wieder herzurichten. „Als er davonbrauste, fragte ich mich, ob ich den Wagen je wiedersehen würde.“ Eva Lüdorf sah den Wagen schon bald wieder. „Er glänzte noch viel mehr als vorher“, sagt sie. Und das, obwohl das Auto nagelneu war. „Ich habe mir erlaubt, den ganzen Wagen zu lackieren“, gibt die 93-Jährige die Worte des freundlichen Nachbarn wieder. Die ganze Seite des Käfers sei zerkratzt gewesen. „So hätten sie nicht herumfahren können“, habe er gesagt und einen guten Preis gemacht.

1975 zog Eva Lüdorf in das Haus der Mutter in Burscheid. Das war zuvor der eigentliche Anlass überhaupt für den Autokauf. Aus Lennep musste die damalige Auslandskorrespondentin immer mit dem Bus nach Burscheid kommen, um nach ihrer pflegebedürftigen Mutter und ihrer Tante zu schauen. „Wir waren überglücklich über die Motorisierung.“ Fahrten zum Einkaufen, zum Arzt oder ins Krankenhaus konnten nun bequem erledigt werden.

Als Eva Lüdorf nach dem Tod ihrer Mutter und Tante alleine war, klingelte es eines Tages an der Tür. Ein in schwarz gekleideter Mann stand davor. Der ehemalige Nachbar, der seine Frau verloren hatte. „Er wollte nachschauen, ob der Wagen noch da war.“ Das war er nicht mehr. Dafür hingen Kabel von der Decke und auch sonst gab es in dem Haus einiges zu tun. „Er kam herein und blieb 20 Jahre.“ Sein Name: Werner Bernhard. Der bekannte Künstler, der auch in Burscheid seine Handschrift hinterlassen hat. 1999 starb er im Hause von Eva Lüdorf. Sein Atelier und sein Zimmer dort sind noch heute erhalten.

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