Eine Mini-Bibel in Origami-Technik

Mit der alten Drucktechnik ist Hans Josef Altmann schon lange vertraut. Jetzt kann er auch ganze Bücher falten.

Eine Mini-Bibel in Origami-Technik
Foto: Doro Siewert

Burscheid. Er nennt sich „der Gutenberg“, der graue Bart unterstreicht die Affinität zum Erfinder des Buchdrucks — und die Einrichtung des Wohnzimmers erst recht. Zwei Druckerpressen hat Hans Josef Altmann dort stehen. Und mit dem, was er im Laufe der Jahre gesammelt hat, um die alte Druckkunst zu erklären und zu demonstrieren, zieht er über die Mittelaltermärkte. Inzwischen kontrastiert er die schwere Mechanik der Pressen noch mit der filigranen Origami-Falttechnik.

Auf einem der Märkte war Altmann auf die alte Technik der Faltbriefe gestoßen, die in Japan seit etwa 1000 n. Chr. und in Deutschland seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts Verbreitung fand. Lange bevor es die ersten Briefumschläge gab, wurden private Schreiben so kunstvoll gefaltet. „Es gibt über 2000 unterschiedliche Arten, Briefe zu falten“, erzählt der gelernte Bandweber. Schnell hatte ihn die Origami-Technik fasziniert.

Auf einer Origamischule in Freiburg lernte er einen spanischen Lehrer kennen, der mit seinen wenig literaturverbundenen Schülern zunächst immer erst einmal ein kleines Buch faltet. Dafür genügt ein einfaches DIN-A4-Blatt.

Altmann reißt zu Demonstrationszwecken das Blatt in vier gleich breite Streifen, die dann noch einmal jeweils entlang der Falzlinie in der Mitte in zwei Hälften geteilt werden. Längs lässt sich das Papier dabei besser reißen als quer. „Das hat mit den Papierfasern zu tun, die sich an der Laufrichtung des Papiers ausrichten.“

Sind Vorder- und Rückseite des Blattes vorher korrekt bedruckt worden (Schön- und Widerdruck nennen das die Drucker), dann brauchen die gerissenen Seiten nur noch in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Ein letztes Mal werden die Seiten geknickt; bei der einen Hälfte folgt jetzt ein Riss oben und unten, bei der anderen in der Mitte, danach ein kurzes Zusammenstecken — fertig. Im Baseler Papiermuseum hat Altmann dafür gemessene dreieinhalb Minuten gebraucht.

Inzwischen hat er die Technik weiterentwickelt. Dadurch, dass dabei Seite für Seite miteinander verkettet wird, ist auch die Herstellung umfangreicherer Bücher möglich geworden. Buchbinder kommen nach seiner Schilderung aus dem Staunen nicht mehr heraus: „Ich habe auf einem Markt einen Buchbinder getroffen, der Hunderte Fachbücher über das Buchbinden besitzt und mir gesagt hat, dass es eine solche Technik bisher nicht gebe.“

Altmann eifert auch hier seinem Druckervorbild Johannes Gutenberg nach und hat sich die Bibel ausgesucht. Bis zur von ihm konzipierten Bibelausstellung im Juni in Gelsenkirchen will er das gesamte Werk in seiner Minibuch-Falttechnik vorlegen — mit Ausnahme der fünf Bücher Mose. „Die werden auf Rollen gedruckt.“

Für das Origami-Projekt hat sich der freikirchlich engagierte Christ schon die Lizenz der Neuen Genfer Übersetzung gesichert. Und mittlerweile gibt es Helfer: Korrekturleser in Leibzig und Gevelsberg, Unterstützung beim Zusammenstecken beispielsweise in der Freien evangelischen Gemeinde Hilgen. Das dickste Buch im Miniformat wird der Psalter: 814 Seiten umfasst die Sammlung der alttestamentlichen Psalmen.

Neben der Mini-Bibel in Falttechnik wird es in Gelsenkirchen weitere Bibeln, auch aus Privatbesitz, und Mitmachaktionen an der Druckerpresse zu den Briefen des Neuen Testaments geben. Das Datum steht bereits fest (14. bis 28. Juni), der Ort noch nicht.

Mittlerweile arbeitet Altmann daran, seine Druckerfertigkeiten und die Falttechnik miteinander zu verbinden. Bisher die DIN-A4-Seiten für die Mini-Bücher nämlich am Computer gestaltet und dann ausgedruckt. Das geht schneller und lässt höhere Stückzahlen zu. Aber dem engagierten Autodidakten schwebt vor, dem Publikum beide Wege parallel zu präsentieren: den schnellen Computerausdruck und den kunstfertigen Druck mit Druckerpresse und Bleisatz.

Den Druckerzeugnissen ist der 53-Jährige ohnehin seit Jahren auch noch anderweitig verbunden: Jeden Morgen stellt er in zwei Bezirken in Hilgen den Bergischen Volksboten zu. Und wie geht das, wenn er mal wieder auf einem seiner Mittelaltermärkte unterwegs ist? „Das weiß ich ja meistens schon ein paar Wochen vorher. Dann gibt es mit dem Urlaub dafür auch keine Probleme.“

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