Jazzmusik Ein Kultusminister zum Anfassen

Engelbert Wrobel und seine erstklassigen Freunde sorgen für einen Swing-Abend, den man so schnell nicht vergessen wird.

Jazzmusik: Ein Kultusminister zum Anfassen
Foto: Doro Siewert

Burscheid. Erst lachten die Zuschauer. Dann mussten sie spätestens nach den ersten Liedern, die am Dienstagabend im Haus der Kunst zu hören waren, anerkennen, dass an der Aussage von Nicki Parrott doch etwas Wahres dran ist. Die Sängerin bezeichnete Engelbert Wrobel als „inoffiziellen Kultusminister von Burscheid“. Er, der sich natürlich geschmeichelt fühlte, genoss den Konzertabend in seiner Heimatstadt dann umso mehr.

Zu merken war dies an der nicht zu bändigenden Spielfreude des Klarinettisten und Saxofonisten. Diese Grundstimmung übertrug sich rasend schnell auf das Publikum im ausverkauften Saal. Schon nach dem ersten Stück waren Jubelrufe zu hören. Die Band „Swingin’ Ladies + 2“ hatte dieses Lob auch mehr als verdient. Was die Musiker ablieferten, war auf vielfältige Weise erstklassig.

Es fing schon beim Repertoire an. Anders als bei anderen Jazz-Konzerten, die für Neulinge der Musikrichtung womöglich schwer zugänglich sind, gingen die Melodien hier direkt vom Ohr ins Herz - und in die Beine. Zu hören war Scott Joplin als einer der bekanntesten Vertreter der Ragtime oder Swing und Hot-Jazz von Benny Goodman. Überragend: „The Girl from Ipanema“ von Antonio Carlos Jobim im Medley.

Bassistin und Sängerin Nicki Parrott überzeugte hier auf ganzer Linie. Als die Australierin für ihr „beautiful Burscheid“ sang, fühlte man sich gleich in eine US-amerikanische Jazz-Bar der goldenen Swing-Jahre versetzt. Ihre Stimme war die einer starken Frau. Souverän und unerschütterlich. Bei den Passagen, die vollen Einsatz des Kontrabass’ erforderten, legte sich Nicki Parrott förmlich über ihr Instrument. Die Fransen an ihrem Kleid bewegten sich im Takt mit.

Engelbert Wrobel schäkerte mit den Zuschauern in den ersten Reihen. Sie sind längst treue Anhänger des Musikers, der seit 1993 in Burscheid lebt. Wenn Wrobel hier den Termin eines Konzertes bekannt gibt, sind die Karten schnell vergriffen.

Das liegt einerseits sicherlich an seiner überragenden Art, Klarinette und Saxofon zu spielen. Andererseits daran, dass er bewusst den Kontakt zum Publikum sucht. Er ist ein Musiker zum Anfassen. Einer, der auf den größten Bühnen der Republik stehen könnte und doch aus reiner Verbundenheit zu seiner Wahlheimat, der rheinisch-bergischen Kleinstadt, eben hier auch auftritt. Engelbert Wrobel ist der Künstler von nebenan.

Kontakte zu anderen Vertretern der Zunft hat er weltweit geknüpft. Zum Beispiel zu Paolo Alderighi und Stephanie Trick. Dass sie ein Paar sind, konnte man im Grunde erahnen, wenn man sie am Klavier spielen sah. Sie ergänzten sich perfekt. Vier Hände bildeten die perfekte Harmonie. Der Italiener und die US-Amerikanerin waren aufeinander eingespielt. Zur Show schubsten sie einander vom Hocker, um dann im nächsten Moment wieder an der richtigen Stelle im Stück einzusetzen und den jeweils anderen von der Tastatur zu verdrängen. Auch nebeneinander glänzten sie. Vier Hände flogen über die Tasten, improvisierten auch, sodass dem Publikum — zu Recht — der Atem stockte.

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