Die Kölner Wetterfabrik

Das neue Klima-Windkanal-Testzentrum bei Ford in Merkenich nimmt den Betrieb auf. Minister Pinkwart kommt zur Eröffnung.

Köln. Die Luft flimmert wie in der Wüste, während es nur wenige Meter entfernt so kalt ist, dass man einen Schneemann bauen könnte. Und gleich nebenan tobt ein Hurrikan der Kategorie 5. Willkommen in der „Wetter Fabrik“ bei Ford in Köln-Merkenich.

Die Kölner Wetterfabrik
Foto: Ford

Beim Eröffnungsrundgang führten Gunnar Herrmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke, und der Chef der Produktentwicklung Jörg Beyer die Gäste durch das hochmoderne Testzentrum. Unter den Gästen befanden sich auch Andreas Pinkwart, NRW-Wirtschaftsminister und OB Henriette Reker.

Das neue Klima-Windkanal-Testzentrum ermöglicht es, die Wetterlagen der ganzen Welt unter einem Dach zu simulieren, damit Ingenieure zukünftige Fahrzeuge zu jeder Zeit unter extremen Bedingungen testen können — vom kleinen Ford KA+ bis hin zum Ford Transit. Auf einer Fläche von der Größe eines Fußballfeldes können Ingenieure die Fahrzeuge auf simulierte Reisen rund um den Globus mitnehmen - zur sengend heißen Sahara bis hin zur sibirischen Arktis oder in den drückend schwülen Dschungel von Costa Rica.

Zu den möglichen Simulationen in Europas fortschrittlichstem Klima-Windkanal-Testzentrum zählen auch Höhenlagen oberhalb des Mont Blanc-Gipfels, Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometer, Schnee, gleißendes Sonnenlicht sowie Starkregen — und das alles per Knopfdruck.

„Dank der großen Bandbreite an schonungslosen Tests können Ford-Fahrer überall auf der Welt sicher sein, dass ihre Fahrzeuge mit jeder Klimazone zurechtkommen“, sagte Joe Bakaj, Vizepräsident Produktentwicklung von Ford Europa. „Die moderne Anlage kann nahezu alleWetterbedingungen der Welt reproduzieren und unsere Ingenieure werden dieses großartige Potenzial jeden Tag nutzen, um erstklassige Fahrzeuge zu entwickeln.“

Während seiner Rede bei der Eröffnung der neuen Testeinrichtung sagte Pinkwart: „Die Landesregierung möchte den Wandel im Automotive- und Mobilitätsbereich aktiv mitgestalten. Wir wollen die Themen umweltfreundliche Antriebe, innovative Fahrzeuge und Klimaschutz neu denken und zu neuen Produkten und Dienstleistungen zusammenführen. Wir freuen uns über Unternehmen wie Ford, die uns mit innovativen Ideen auf diesem Weg begleiten. Das Investment des Automobilbauers zeigt die weiterhin hohe Bedeutung der Technologieentwicklung im Herzen Europas. Die neuen Wind- und Klimatestmöglichkeiten im John-Andrews-Entwicklungszentrum von Ford leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Standortsicherung der Automobilproduktion in Köln.“

Mehr als 70 Millionen Euro wurden in das neue Klima-Windkanal-Testzentrum investiert. Es bietet den ersten automobilen Klima-Windkanal zur Simulation von Höhen bis zu 5200 Metern, dies entspricht der Höhe des Basis-Camps auf der Mount Everest-Nordseite. Die Anlage kann Temperaturen von minus 40 bis plus 55 Grad simulieren, sowie Luftfeuchtigkeit bis zu 95 Prozent. Technisch gesehen ist das neue Klima-Windkanal-Testzentrum im John-Andrews-Entwicklungszentrum von Ford in Köln der zugleich heißeste, kälteste, nasseste und höchste Ort in Westeuropa.

Es können bis zu zehn verschiedene Fahrzeuge gleichzeitig getestet werden. Die Prüfung umfasst Komfort, Sicherheit und Systemstabilität sowie die Leistung von elektrischen Komponenten, Bremsen, Klimaanlage, Heizung und Tests von besonderen Situationen wie Anhängerbetrieb, Autobahnfahrt oder Verkehrsstau. Die Ingenieure analysieren unter anderem die Temperaturen des Antriebs und im Innenraum, prüfen die Regen- und Schneebeständigkeit und sehen dabei beispielsweise, wie schnell eine zugefrorene Frontscheibe bei unterschiedlichen Temperaturen auftaut.

Alle Ford-Fahrzeuge können in den insgesamt drei verschiedenen Klima-Windkanälen des neuen Testzentrums vielfältigen Prüfungen unterzogen werden:

Der erste Klima-Windkanal dient der Prüfung von Kälte- und Hitzebeständigkeit. Insgesamt 28 Speziallampen mit jeweils einer Leistung von 4000 Watt simulieren starke Sonnenstrahlung von bis zu 1200 W/m2, mittels derer Ingenieure testen können, wie schnell sich der Innenraum abkühlen lässt. In diesem Windkanal können auch die Geräusche von Fahrzeugsystemen wie Heizungsgebläse oder Klimaanlage bei verschiedenen Geschwindigkeiten, Temperaturen und Feuchtigkeitsniveaus untersucht werden.

Der zweite Klima-Windkanal simuliert ebenfalls Hitze und Kälte. Ingenieure können in diesem Windkanal darüber hinaus Schnee und Regen erzeugen, um damit die Auswirkungen auf die Sicht, das Startverhalten des Motors und die Heizleistung im Innenraum zu überprüfen.

Das Höhenlabor ist ebenfalls ein Klima-Windkanal. Dort lassen sich Windgeschwindigkeiten von bis zu 120 Stundenkilometern auf simulierten Höhen von bis zu 5200 Metern testen. Erprobt wird dort neben der Motorkühlung das Kaltstartverhalten und es kann sichergestellt werden, dass flüssige Betriebsmittel ihre Aufgaben auch unter extremen Luftdruckverhältnissen einwandfrei erfüllen. Mehr als die Hälfte der Ford-Fahrzeuge weltweit werden in Regionen mit Höhenlagen von 1000 Metern oder mehr verkauft.

„Wir können sehen, wie Scheibenwischer bei arktischen Temperaturen funktionieren, wie sich die Motorleistung bei extremer Hitze und Kälte verändert und wie Schneefall und dünne Höhenluft die Leistung der Fahrzeugsysteme beeinflussen. Diese Anlage ist der Traum eines jeden Ingenieurs“, sagte Michael Steup, Projekt Manager, Environmental Test Centre.

Die neue Anlage hat eine theoretische elektrische Aufnahmeleistung von elf Megawatt. Diese ist ausreichend, um eine kleine Stadt mit 2400 Einwohnern zu versorgen. Der von der Rheinenergie bereitgestellte Strom stammt aus erneuerbaren, zertifizierten Energiequellen in Skandinavien. Strom dieser Herkunft deckt den gesamten Elektrizitätsbedarf von Ford am Kölner Standort ab.

Das Klima-Windkanal-Testzentrum ergänzt die Prüfeinrichtungen von Ford in Europa, zu denen auch das Testgelände im belgischen Lommel zählt, wo sich eine spezifische Schlagloch-Teststrecke, eine Seitenwindanlage sowie Salzwasser- und Schlammbäder befinden.

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