„Das ist ein Superding geworden“

Heute Nachmittag kommt Sebastian Sturm erstmals mit dem Klub Kartell zum Summerjam an den Fühlinger See.

„Das ist ein Superding geworden“
Foto: L.Boss

Köln. Seit 2016 gibt es den Klub Kartell mit Ganjaman, Frank Dellé (Seeed), Jahcoustix und Sebastian Sturm. Heute Nachmittag steht die Band ab 15.55 Uhr auf der Green Stage des Reggaefestivals am Fühlinger See und präsentiert in der klassischen jamaikanischen Backing-Band-Besetzung zwei Stunden lang ihre Songs. Der Summerjam läuft noch bis zum Sonntag. Zu Gast sind unter anderem Gentleman, Marteria, Ziggy Marley und Soja.

Wie kam es 2016 zu der Idee, das Klub Kartell zu gründen?

Sebastian Sturm: Die Idee kam von Christian Golz, der auch mich gefragt hat, ob ich mitmachen würde. Er wollte verschiedene Roots-Reggae-Künstler zusammen auf die Bühne bringen. Jahcoustix kannte ich schon sehr lange — den ersten Kontakt gab es 1999, als ich gerade mit dem Reggae angefangen hatte. Seitdem haben wir mehrere gemeinsame Projekte gehabt. Als ich seinen Namen gehört habe, musste ich nicht lange bei der Zusage überlegen. Ganjaman habe ich oft auf Festivals getroffen, aber für mich war es ein Experiment, wie ein auf Deutsch singender Künstler zu den anderen Kollegen passt, die auf Englisch singen. Er ist ein genialer Musiker und als Mensch sehr herzlich. Kaum gekannt habe ich vor dem Klub Kartell Frank Dellé, wir hatten uns nur mal kurz vor Jahren bei einem Konzert von mir im Stadtgarten getroffen.

Und wie ist jetzt die Erfahrung zwei Jahre nach der Gründung der Band?

Sturm: Wir haben reichlich Spaß beim gemeinsamen Projekt und das musikalische Know-how ist großartig. Ich habe von den anderen sehr viel gelernt. Bislang haben wir drei Konzerte gespielt und oft gemeinsam in Berlin geprobt. Das ist ein Superding geworden, das auf Gegenseitigkeit beruht.

Wie wichtig ist für Sie das Klub Kartell?

Sturm: Das Klub Kartell hat mir das Jahr 2018 gerettet. Ich bin gerade viel im Studio in Köln, um ganz in Ruhe und ohne Druck mein neues Album aufzunehmen, das im Lauf des Jahres veröffentlicht werden soll. Ich bin froh, wieder vernünftig und mit Liebe zur Musik arbeiten zu können. Das hat mir in den letzten Jahren etwas gefehlt. Live-Auftritte waren da eigentlich nicht eingeplant. Ab mit dem Klub Kartell ist es möglich, sich ganz stressfrei bei den Festivals wie dem Summerjam zu zeigen. Insgesamt spielen wir in diesem Jahr bei 13 bis 15 Festivals.

Was erwartet das Publikum heute beim Summerjam?

Sturm: Normalerweise ist es bei solchen Projekten üblich, dass jeder nacheinander seine eigenen Songs präsentiert. Bei uns stehen immer alle auf der Bühne und wir präsentieren immer gemeinsam die Songs. Ich finde das gut, weil man so sich auch mal einem neuen Publikum öffnen kann. Ich freue mich sehr auf unseren gemeinsamen Auftritt beim Summerjam in diesem neuen Format, das für uns noch immer ein Experiment ist.

Gibt es auch den Plan zu gemeinsamen Songs?

Sturm: Geplant ist das derzeit nicht, aber es wäre durchaus möglich, dass es auch gemeinsame Songs geben wird.

Was bedeutet der Summerjam für Sie?

Sturm: 1999 war ich das erste Mal als Besucher beim Festival. Damals kam ich noch aus dem Punkbereich und kannte keine Band, die dort gespielt hat. Mich hat der Summerjam aber sehr beeindruckt. 2001 war ich noch mal da. Ich hatte schon in Aachen meine eigene Reggae-Band. Es war damals mein größter Wunsch, auch iregendwann auf den Summerjam-Bühnen zu stehen, und das hat dann auch geklappt. Ich kann mich noch gut an den ersten Auftritt erinnern. Das war ein Sonntag und wir standen am Nachmittag als Opener vor etwa 1000 noch ziemlich müden Fans. Trotzdem hat es mir damals mächtig Spaß gemacht.

Wie hat sich der Summerjam verändert?

Sturm: Er steht inzwischen nicht mehr so unter dem Reggae-Stern. Dafür hat HipHop als Genre deutlich zugenommen. Die alten Reggae-Helden danken nach und nach ab, aber wer den Reggae liebt, wird trotzdem immer wieder zum Summerjam zurückkommen. Das gilt auch für mich. Für mich hat sich mit den Auftritten hier ein Jugendtraum erfüllt.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Roots-Reggae in Deutschland und in Europa?

Sturm: In Deutschland tut sich das Genre aktuell ziemlich schwer. Es gibt noch Künstler wie ich, die die Fahne des Roots-Reggae hochhalten, aber angesagt sind derzeit andere Musikrichtungen. Das ist in Frankreich zum Beispiel ganz anders. Dort gibt es viele Bands, die auch vor großem Publikum spielen. Ich bin mir daher sicher, dass es den Roots-Reggae immer geben wird.

Wie kommt man vom Punk zum Reggae?

Sturm: Beides ist rebellische Musik und bei The Clash haben sich beide Genres gegenseitig beeinflusst. Die beiden Musikrichtungen sind nicht so weit voneinander entfernt. Bei mir waren es die Bob Marley-Platten meines Bruders, die mich für Reggae begeistert haben. Ich konnte es zunächst gar nicht glauben, dass das Bob Marley ist. Es waren sehr frühe Aufnahmen und seine Stimme klang noch sehr jung.

Sie leben als gebürtiger Aachener inzwischen in Köln?

Sturm: Ja, ich bin vor einem Monat nach Nippes gezogen und liebe das Leben dort sehr. Ich bin gerne auf der Neusser Straße unterwegs und entdecke neue Kneipen und Cafés. Die kölsche Mentalität sagt mir sehr zu.

summerjam.de

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