Burscheid/Leverkusen Bewährungsstrafe für Aushilfspflegerin

Für den Tod an einem Bewohner, der sich beim Baden im LVR-Heim verbrüht hatte, gab der Richter am Donnerstag der Angeklagten (32) eine Mitschuld.

Burscheid/Leverkusen: Bewährungsstrafe für Aushilfspflegerin
Foto: Doro Siewert

Burscheid/Leverkusen. Es muss ein furchtbares Drama im Badezimmer gewesen sein, das am 22. Dezember 2013 zum späteren Tod eines 48-jährigen schwerstbehinderten Mannes im Heilpädagogischen Heim des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) an der Bürgermeister-Schmidt-Straße führte: Er erlitt beim morgendlichen Bad unter der Aufsicht und Pflege einer heute 32-Jährigen so schwere Verletzungen, dass später Verbrühungen zweiten und dritten Grades an 60,5 Prozent seiner Haut von den Füßen bis zum linken Arm diagnostiziert wurden. Am 28. März 2014 erlag der Mann an so genanntem „multiorganen Versagen“ in Folge der Verletzungen.

Wie konnte das passieren? Laut gerichtsmedizinischem Gutachten musste das Badewasser „mindestens 50 Grad“ heiß gewesen sein, um derartige Verletzungen hervorzurufen. Unstrittig war am Donnerstag für den Richter in Saal 4 des Amtsgerichts Leverkusen, dass die wegen fahrlässiger Tötung angeklagte 32-Jährige ständig in dem Badezimmer anwesend war, als das spätere Opfer in der Badewanne saß. Völlig aufgelöst und immer wieder einem Weinkrampf nahe, konnte sie erstmal überhaupt nicht schildern, was vorgefallen war. Später versicherte die Frau, die sich als ungelernte Pflegekraft — zudem noch in der Einarbeitungsphase — alleine an diesem Tag um acht zum Teil schwerstbehinderte „Kunden“ kümmern sollte: „Ich war die ganze Zeit im Badezimmer drin.“ Auch habe sie sorgsam das Wasser einlaufen lassen: „Ich hatte es auf 38 Grad eingestellt.“ Und dabei habe sie auch auf die Arretierung an dem Drehregler geachtet, um nicht deutlich heißeres Wasser zufließen zu lassen. „Da war so ein ganz leichtes Klicken.“

Im Verlauf des Prozesses stellte sich heraus, dass der Regler kaputt gewesen war. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Armatur nicht vollständig funktionierte“, erklärte der Richter, der später sagte: „Die muss auf Anschlag gestellt worden sein.“ Mit leichtem Druck habe die Arretierung überschritten werden können, möglicherweise durch unkontrollierte Bewegungen des Mannes in einem unbeobachteten Moment. Und laut Gutachten habe das Wasser dann mit einer Temperatur von bis zu 55 Grad Celsius aus dem Hahn kommen müssen.

Die Angeklagte sagte, dass ihr Patient etwa fünf Minuten in der Badewanne gewesen war. Dass er das heiße Wasser nicht registrierte, führte sein Hausarzt und eine Neurologin in einem Gutachten auf die Behinderung zurück. Von einem „extrem eingeschränkten Schmerzempfinden“ war die Rede, verstärkt durch die Einnahme von Psychopharmaka.

Die Aushilfspflegekraft machte sich selbst den Vorwurf, die Temperatur des Wassers nach dreimaliger Kontrolle zuvor später nicht mehr erneut gefühlt zu haben. „Das hätte ich tun müssen.“ Die zunehmende Rötung der Haut habe sie wegen des Schaums nicht sehen können. „Irgendwann hob er einen Fuß aus dem Schaum, da kam so ein Luftballon raus.“ Da war es bereits zu spät. Überall seien Hautfetzen gewesen. „Als ich ihn rausgeholt habe, kam das Wasser total heiß aus dem Hahn.“

Kein gutes Haar ließ der Staatsanwalt an dem LVR-Haus. „Der Vorwurf geht nicht nur an die Angeklagte, sondern auch an die Heimleitung.“ Sie hätte die Armaturen überprüfen müssen — zumal am Tag zuvor nur kaltes Wasser aus der Leitung gekommen sei. Und der Richter ergänzte: Zudem sei schon zwei Tage vorher bekannt gewesen, dass nur drei der laut Dienstplan acht einzusetzenden Kräfte anwesend sein würden.

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