Anna Blume und die große Liebe

Bühne: Das „Bonner Chansontheater“ sorgt im neu renovierten Badehaus für einen hinreißenden Abend.

Burscheid. "Da wird nur ein Mundwinkel verzogen, und gleich kommt ein ganzer Schwall von Emotionen!" Treffender als der Burscheider Beigeordnete der CDU, Stefan Caplan, kann man die schauspielerische Leistung Simone Silberzahns kaum in Worte fassen. Zusammen mit Kollegin Melitta Bubalo überzeugte die 38-Jährige am Freitagabend bei der Darstellung des Stückes "...Und die Liebe wär’ noch warm" im renovierten Burscheider Badehaus.

Dieses erste gemeinsame Projekt der beiden Frauen, die sich zum "Bonner Chansontheater" zusammengetan haben, war zugleich die erste große Veranstaltung im neuen Kulturzentrum und lieferte einen famosen Auftakt. In dem 70-minütigen "Schauspiel mit Lied und Lyrik" verknüpften die Darstellerinnen gekonnt deutsche Poesie mit gesanglichen Interpretationen und Zwischentexten Silberzahns.

Erzählt wurde sehr mitreißend und abwechslungsreich die Geschichte des Barmädchens Anna Blume (gespielt von Simone Silberzahn), die im Park vergeblich auf ihre große Liebe Max wartet und dem Publikum in der Zwischenzeit ihre Geschichte über Sehnsucht und tiefe Enttäuschung erzählt. Perfekt untermalt wurde die Erzählung vom ausdrucksstarken Klavierspiel Bubalos, die unter anderem mit Stücken von Chopin und Scriabin für den passenden musikalischen Hintergrund sorgte.

Richtig was für das Herz also, und das schien für die rund 60 Zuschauer an diesem Abend genau das Richtige zu sein. Ob die exzentrische Protagonistin gerade wieder in Melancholie versank oder Mordlust verspürte, ob sie himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt war: Das Publikum wusste je nachdem stets mitfühlend zu lauschen oder ausgelassen zu feiern.

Doch das Stück wäre nicht dasselbe gewesen ohne die überragende Leistung Simone Silberzahns. Die Theater- und Sozialpädagogin, die ihre schauspielerische Ausbildung an der Berufsfachschule für Schauspiel in Köln absolvierte, wusste ihrer Rolle ordentlich Farbe einzuhauchen und machte es zu einem Genuss, an Anna Blumes Leben und deren ausgeprägten Stimmungsschwankungen teilzuhaben.

Mit viel Charme und meist anrührend kann sich die eher zarte Anna auch mal in Schimpftiraden verlieren und vor Wut Sektgläser zerspringen lassen. Nach einem solchen kurzen Ausbruch folgt dann ein nüchternes "Entschuldigung!", bevor vor lauter Verliebtheit wieder wild über Stühle und Bänke gehüpft wird.

"Süß" ist das Wort, das dazu öfters aus dem Publikum geflüstert kommt. Anders kann man es aber auch nicht nennen, wenn Anna unschuldig erzählt "Ich habe mal einen Liebesbrief bekommen. Er kam mit der Post. Da stand: ‚Liebe Anna! Wie geht es dir? Mir gut. Dein Peter.’" Schallend gelacht wurde eher bei Versen wie "und manchmal geh ich dann mit einem/ der Jubelgreise ins Hotel/ Vergnügen macht es zwar mit keinem/ doch es lohnt sich finanziell" aus Erich Kästners "Eine Animierdame stößt Bescheid".

Höhepunkt war Georg Kreislers mit pechschwarzem Sarkasmus gewürztes Chanson "Tauben vergiften", das nach nicht enden wollendem Applaus als Zusatz gegeben wurde. Den Chorus schmetterten die Zuhörer so voller Inbrunst mit, dass Silberzahn irritiert stutzte und vor lauter Lachen nicht weitersingen konnte.

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