Anerkennung für ein Herzensprojekt

Die Villa Kunterbunt in Berringhausen zählt zu den „guten Bauten 2010“ im Bergischen Land.

Burscheid. Es gibt Herzensprojekte, deren Verfechter sich dabei so verrennen, dass sie am Ende vor einem Scherbenhaufen stehen. Nein, unter rein wirtschaftlichen Aspekten dürfe man das Freio-Dorf in Berringhausen nicht betrachten, räumt auch Gabor Schneider ein. Aber er sagt es mit einem Lachen, das die Krisen des Langzeitprojekts hinter sich weiß. Jetzt will sich der 49-jährige Architekt erst einmal einfach nur freuen: darüber, dass sein mit Beharrlichkeit bis hin zur Pedanterie verfolgtes Konzept nun auch die Anerkennung seines Berufsstandes gefunden hat.

Als eines der "guten Bauten 2010" im Bergischen Land hat der Bund Deutscher Architekten (BDA) Bergisch-Land in der vergangenen Woche die Villa Kunterbunt in Berringhausen gewürdigt. Villa deshalb, weil der zwischen 2006 und 2008 entstandene Bau mit seinen 330 Quadratmetern Wohnfläche die Größe der übrigen Freio-Gebäude deutlich übersteigt. Kunterbunt deshalb, weil dem Haus trotz dieser Größe nichts Protziges, sondern etwas Verspieltes anhaftet, das sich auch in einer großen Variabilität ausdrückt.

Als "kleines Dorf im Dorf im Dorf" bezeichnet Schneider selbst das Konzept. Derzeit werden Haupthaus und Einliegerwohnung von zwei Generationen genutzt, die Geburt der dritten steht im kommenden Jahr bevor. Das Souterrain soll noch rollstuhlgerecht ausgebaut werden und könnte dann auch der vierten, älteren Generation Platz bieten. Die Verbindungen und Zuschnitte der bis zu fünf denkbaren Wohneinheiten in dem Holzbau sind dabei in zahlreichen Details veränderbar.

Die von der Jury mit einer Anerkennung versehene Villa Kunterbunt ist zwar das jüngste, größte und wohl auch ausgefeilteste Gebäude der Freio-Siedlung in Berringhausen. Aber in ihm finden sich viele Gestaltungsmerkmale wieder, die typisch sind für das ökologische Bauprojekt insgesamt: die Ausrichtung der Eingänge zum dörflichen Gemeinschaftsraum hin; die Ausrichtung der Wohn- und Schlafräume nach Süden und Westen, um trotz der räumlichen Dichte für Privatheit zu sorgen; die Fortsetzung der Formsprache und Materialien von innen nach außen; die einfach aufgehängten Glasschiebetüren, die den Einklang zwischen Haus und Grundstück samt altem Baumbestand betonen.

Dieses Konzept verfolgt Schneider schon, seit er vor zwölf Jahren ein zunächst 1200 Quadratmeter großes Grundstück erwarb und erste Ideen für eine Arrondierung des alten Dorfes entwickelte, die nicht nach Abgrenzung, sondern nach Verknüpfung mit dem Vorhandenen strebt.

Hängepartien wegen der Abwasserentsorgung und der Zusammenbruch des Neuen Marktes nach der Jahrtausendwende warfen das Projekt immer wieder zurück. Aber Schneider hatte sich ihm längst mit Haut und Haaren verschrieben. Seine Firma Googooplex übernahm zunächst die Bauträgerschaft und erweiterte sich später noch zur Baufirma. Gebaut wird mit örtlichen Betrieben wie dem ökologischen Baustoffhandel Lutze & Törmer, dessen einer Eigner Stephan Lutze Schneiders Schwager ist und mit ihm seit Jahren im Freio-Dorf Türe an Türe wohnt.

Zu seinen engen Vertrauten zählt der Architekt dabei seine Schwester und Berufskollegin Dorotheé Schneider (47) sowie Bauführer Robert Vukovi-Reifenrath. Die beiden waren bei der Villa Kunterbunt unentbehrlich und sind es weiterhin. Direkt am Dorfplatz entstehen derzeit die letzten beiden Häuser des Freio-Dorfes - erstmals komplett in Eigenregie. Der vorläufige Abschluss eines Herzensprojekts ist greifbar nahe.

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