Zypern verschiebt Abstimmung über Zwangsabgabe

Nikosia (dpa) - Die Zitterpartie um das pleitebedrohte Zypern ist nicht zu Ende. Wegen der heftigen innenpolitischen Debatte um geplante Zwangsabgaben auf die Sparguthaben in Zypern vertagte das Parlament die Abstimmung über das von der Eurogruppe beschlossene Rettungspaket abermals.

Das Repräsentantenhaus wird nun erst am Dienstag (18.00 Uhr) zusammenkommen, wie Parlamentspräsident Giannakis am Montag ankündigte - einen Tag später als geplant. Im Gegenzug zu internationalen Hilfen in Höhe von 10 Milliarden Euro verlangt die Eurogruppe einen Beitrag von 5,8 Milliarden Euro, der aus Bankguthaben in- und ausländischer Kontoinhaber gespeist werden soll.

Die direkte Beteiligung der Sparer ist eine Premiere in der Euro-Schuldenkrise. Sie sorgte am Montag weit über Zypern hinaus für Irritationen. Mit Blick auf Sorgen deutscher Sparer ließ Bundeskanzlerin Angela Merkel erklären, dass ihre im Krisenjahr 2008 gegebene Garantie für die Spareinlagen in Deutschland Bestand habe: „Es ist das Merkmal einer Garantie, dass sie gilt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Zyperns Finanzminister Michalis Sarris und die Bankchefs des Landes kamen am Nachmittag in Nikosia zusammen, um über Änderungen an der Zwangsabgabe auf Bankeinlagen zu beraten. Nach dpa-Informationen wollten sie prüfen, ob Guthaben unter 20 000 Euro von der Sonderabgabe ganz befreit werden können. Im Gegenzug müssten größere Guthaben stärker belastet werden. „Wir untersuchen alle Möglichkeiten, um die Schwächeren zu entlasten“, hieß es.

Bislang sollen bei Guthaben bis 100 000 Euro 6,75 Prozent, bei Guthaben darüber 9,9 Prozent eingezogen werden. Im Gespräch soll nun sein, unter 100 000 Euro nur noch 3 Prozent zu erheben. Im Gegenzug würden Reichere mit über 500 000 Euro auf zyprischen Banken 15 Prozent ihrer Guthaben abgeben. Für Guthaben zwischen 100 000 und 500 000 Euro würde es bei einer Abgabe in der Größenordnung von 10 Prozent bleiben. Eine offizielle Bestätigung gab es bislang nicht. Zyperns Parlamentspräsident Omirou sprach lediglich von „Änderungen im Gesetzesentwurf, die jetzt erörtert und erklärt werden müssen“.

Die Eurogruppe wollte am Montagabend in einer Telefonkonferenz über die umstrittene Zwangsabgabe beraten. Das verlautete aus Brüsseler EU-Kreisen. Dem Vernehmen nach sollte es in der erneuten Konferenz um Änderungen an dem erst in der Nacht zum Samstag beschlossenen Paket gehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, es sei Sache Zyperns, die Details der Abgabe auf Spareinlagen festzulegen. Er könne die Debatte in Zypern gut nachvollziehen, sagte Schäuble weiter.

Russlands Präsident Wladimir Putin rügte die geplante Abgabe auf Sparguthaben als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich“. Reiche Russen und Unternehmen wären laut Medien mit Milliardensummen von der Zwangsabgabe betroffen. Der russische Vizefinanzminister Sergej Schatalow sagte, es sei offensichtlich, dass Zypern unter dem Druck der EU diese „erschreckende“ Entscheidung getroffen habe. Der zyprische Finanzminister Michalis Sarris wird an diesem Mittwoch in Moskau zu Gesprächen erwartet.

Schätzungsweise ein Drittel der Einlagen bei Banken auf Zypern besitzen Ausländer, unter ihnen viele reiche Russen und Briten. Zypern steht im Ruf, ein sicherer Hafen für Schwarzgeld zu sein. Daher besteht die Eurogruppe auf einer Verkleinerung des aufgeblähten zyprischen Bankensystems und strengen Schritten gegen Geldwäsche.

Die Stimmung in der zyprischen Bevölkerung und unter den Abgeordneten der kleinen Republik ist wegen des Themas Zwangsabgabe explosiv. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus parlamentarischen Kreisen erfuhr, gibt es zahlreiche Parlamentarier, die ihr Zustimmung verweigern. Abgeordnete sprachen von einer „wahllosen Konfiszierung“ und von einer Politik der Erpressung durch die Eurogruppe. Die Polizei hatte das Parlament bereits am Montag weiträumig abgesperrt.

Wegen eines Feiertages blieben am Montag die zyprischen Banken geschlossen - und sollen vorerst auch bis Donnerstag geschlossen bleiben. Dies teilte die Zentralbank in Nikosia mit. Damit soll verhindert werden, dass in großem Stil Geld transferiert wird. Zyprische Medien berichteten weiter, russische Oligarchen seien bereits in Zypern angekommen, um ihre Gelder abzuziehen oder neue Vereinbarungen mit den zyprischen Banken abzuschließen.

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