Zentrale Aufsicht: „Der erste Schritt zur Bankenunion“

Europa einigt sich auf eine einheitliche Aufsicht bei der EZB. Der Großteil der Banken bleibt unter nationaler Kontrolle.

Brüssel. Nach 14-stündigen Marathon-Verhandlungen gaben sich alle glücklich: Europas Finanzminister einigten sich am Donnerstagmorgen auf eine europäische Bankenaufsicht. Damit wollen die Europäer künftige Finanzkrisen vermeiden. Die einheitliche Aufsicht soll bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt angesiedelt werden. Die Überwacher werden frühestens ab März 2014 ihre Arbeit aufnehmen — 14 Monate später als angepeilt.

Die Europäer ziehen die Lehre aus der Weltfinanzkrise 2008/09. Damals gerieten europäische und deutsche Banken ins Taumeln — trotz nationaler Aufsicht. Sie mussten mit Steuergeldern gerettet werden. „Das ist der erste Schritt für eine Bankenunion“, sagte EU-Marktkommissar Michel Barnier zur Einigung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte: „Wir haben unsere Grundsatz-Forderungen durchgesetzt.“ Dazu gehöre die klare Trennung der Aufsichtsaufgaben von der Geldpolitik der EZB, aber auch die klare Rollenverteilung von nationalen und europäischen Überwachern.

Spanien, Frankreich und Italien hatten auf einen schnellen Start gedrängt. Denn die europäische Aufsicht ist eine der Bedingungen dafür, dass kriselnde Banken direkt Notkredite aus dem Euro-Rettungsfonds erhalten können — ohne Umweg über den Staat.

Trotzdem sind auch die Südeuropäer zufrieden. Denn die Finanzminister einigten sich auf eine Ausnahme, um die „direkte Banken-Rekapitalisierung“ schon vor 2014 zu ermöglichen. Der Rettungsfonds — und damit die Euro-Staaten — muss einstimmig billigen, dass sich eine Bank der europäischen Aufsicht unterwirft.

Von den 6000 Banken im Euro-Währungsraum sollen nur die größten direkt auf EZB-Ebene beaufsichtigt werden — Institute mit einer Bilanzsumme von mindestens 30 Milliarden Euro. Insgesamt dürften das fast 200 Institute sein, sagte Barnier. Davon sitzen 30 Banken in Deutschland. Europäisch beaufsichtigt werden etwa die zwei Größten: die Deutsche Bank und die Commerzbank. Auch diverse Landesbanken sind dabei, darunter die WestLB.

Die zehn EU-Staaten, die den Euro nicht eingeführt haben, können bei der einheitlichen Bankenaufsicht mitmachen. Noch ist unklar, wer mitzieht. Großbritannien und Schweden wollen außen vor bleiben. Der britische Finanzminister George Osborne und sein schwedischer Kollege Anders Borg lobten aber den „guten Kompromiss“. Ihren Instituten erwachse daraus kein Nachteil.

Die europäische Aufsicht soll möglichst viele Daten über die Banken sammeln, damit sie drohende Schieflagen erkennen und gegensteuern kann. Zudem kann sie allgemeine Aufsichtsregeln vorgeben. Ein neues Aufsichtsgremium, das bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt wird, hat das letzte Wort. Dessen Chef und Vize-Chef ernennen die Staaten.

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