Wirtschaft hofft auf große Koalition

Das Ergebnis wird als eine „Absage an Steuererhöhungen“ gewertet. Die Euro-Politik sollte fortgesetzt werden.

Frankfurt. In der Wirtschaft ist man sich einig: Angela Merkel (CDU) bleibt Kanzlerin und führt künftig eine große Koalition. Damit würde Deutschland als Euro-Retter weiterhin eine Hauptrolle spielen. Einzige Sorge von Ökonomen und Analysten: Dass CDU/CSU und SPD sehr lange brauchen, um sich zu einer Regierungszusammenarbeit zusammenzuraufen.

„Auch wenn die „Alternative für Deutschland“ 4,7 Prozent der Stimmen bekommen hat — die überwältigende Mehrheit der Deutschen steht weiterhin uneingeschränkt hinter der europäischen Idee“, so das Fazit von Unicredit-Ökonom Andreas Rees. Nicht nur er rechnet mit einer Euro-freundlichen großen Koalition, die allenfalls die bisher so strengen Sparzügel etwas lockern wird: „Die mit der Krise ringenden Euro-Länder dürfen sich auf mehr Wachstumsimpulse freuen.“

Berlin werde den krisengeplagten Euro-Partnern entgegenkommen müssen, meint auch der Chefvolkswirt der Liechtensteiner VP Bank, Thomas Gitzel. Eine tiefgreifende Trendwende sei jedoch nicht zu erwarten: „Es ist mit einer Fortsetzung der Politik von „Zuckerbrot und Peitsche“ zu rechnen“, kommentierte Gitzel.

Holger Schmieding, Chefökonom der Berenberg Bank, rechnet bestenfalls mit geringen Abweichungen von der bisherigen deutschen Krisenstrategie: „Wir erwarten eine ganz leichte Lockerung der deutschen Haltung gegenüber den Krisenländern.“ Eurobonds — also gemeinsame Anleihen der Euroländer — werde es mit einer großen Koalition aber ebenso wenig geben wie andere Formen der Vergemeinschaftung von Schulden.

Die SPD hatte Eurobonds und einen europäischen Schuldentilgungsfonds ins Spiel gebracht, die CDU lehnte das mit Verweisen auf eine vermeintliche „Schuldenunion“ strikt ab. Man sei dagegen, dass ein Eurostaat auf Kosten seiner Nachbarn Schulden machen und sich so vor Reformanstrengungen drücken könne.

Das Wahlergebnis ließ die deutsche Industrie aufatmen. Mit einer starken CDU sind Steuererhöhungen aus Sicht der Verbände unwahrscheinlicher als unter Rot-Grün. „Das überragende Votum für Merkel ist eine klare Absage an jede Steuererhöhungspolitik“, erklärte Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA.

Auch das Gespenst der Vermögenssteuer solle bei einer CDU/CSU-SPD-Regierung vom Tisch sein. „Die große Koalition ist ein Scheck der Bürger auf schnelle und vernünftige Lösungen, der auch eingelöst werden muss.“ Ein schwarz-grünes Bündnis hält einen Tag nach der Wahl hingegen kaum jemand aus der Wirtschaft für realistisch.

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