Weltwirtschaft zittert mit Japan

Die Aktienkurse rutschen ab. Experten sind uneins über die Folgen für die Konjunktur. Der Ölpreis sinkt.

Tokio. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ist im Schockzustand: Nach dem schweren Erdbeben in Japan sind die Auswirkungen der Katastrophe von New York bis Frankfurt zu spüren — die Aktienmärkte gingen in den Keller. Experten rätseln über die langfristigen Auswirkungen auf die ohnehin angeschlagene Weltwirtschaft.

„Die Erfahrung aus der Vergangenheit mit ähnlichen Naturkatastrophen zeigt, dass es nur zu einem kurzfristigen Einbruch kommt“, beruhigte Wolfgang Leim, Japan-Experte der Commerzbank. „Durch den dann folgenden Wiederaufbau dürfte es zu einer umso kräftigeren Erholung kommen.“ Die Japaner hätten Erfahrungen mit Beben und bislang sei es nie zu nachhaltigen negativen Folgen für die Wirtschaft gekommen. Selbst kurz nach dem schweren Beben von Kobe 1995 sei es aufwärtsgegangen.

„Das ist sicherlich das Schlimmste, was in Japan passieren konnte, zur denkbar ungünstigsten Zeit“, sagte dagegen US-Ökonom Nouriel Roubini. Japan müht sich gerade, seine drückende Schuldenlast abzubauen, die zu den höchsten der Welt zählt. „Japan hat sich aber immer an den Märkten ohne Probleme refinanziert“, konterte Commerzbank-Experte Leim.

Die Bank of Japan teilte mit, sie werde alles tun, um die Stabilität der Finanzmärkte zu sichern und Liquidität bereitzustellen. Der Yen schwächelte nur kurz und fing sich schnell wieder. „Der nur kurzzeitige Rückgang des japanischen Yen zeigt, dass die Märkte die wirtschaftlichen Folgen nicht so skeptisch beurteilen“, sagte Leim.

Der Dax verlor gestern 1,16 Prozent — erstmals seit dem 12. Januar rutschte der deutsche Leitindex unter die 7000er Marke. Auch die Börsen in London und Paris fielen, genauso wie in Hongkong, Schanghai oder New York. Am stärksten traf es den Nikkei-Index in Tokio, der um fast zwei Prozent abrutschte. Der Handel ging in Tokio trotz des Bebens weiter.

Die größte Unsicherheit herrscht derzeit bei Rückversicherern wie Munich Re und Hannover Rück. Gerade verdauen sie die Auswirkungen des Erdbebens in Neuseeland und der Überflutungen in Australien, da richtete der Erdstoß in Japan neuerliche Milliardenschäden an. Die deutschen Rückversicherer haben etliche Kunden in der Region, bestätigten Firmensprecher. Angaben zu Schäden seien noch nicht möglich.

Öl verbilligte sich, weil in Japan die Fabriken stillstehen. Der Ölbedarf dürfte durch das Erdbeben zumindest vorübergehend niedriger ausfallen, erwartet die Commerzbank. Zuletzt hatten die Unruhen im Nahen Osten die Preise kräftig getrieben. dpa

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