Weltbankchef: Chinas Aufschwung „kein Strohfeuer“

Peking/Hamburg (dpa) - Die jüngsten positiven Wirtschaftsdaten aus China sind nach Überzeugung des Weltbankpräsidenten Jim Yong Kim „kein Strohfeuer“.

Zum Abschluss seines ersten China-Besuches an der Spitze der Weltbank sagte Kim am Freitag in Peking, er sei sehr ermutigt vom gegenwärtigen Wachstum der zweitgrößten Wirtschaftsmacht. Auch sei die neue Führung entschlossen, die Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung in China anzupacken.

Der künftige Regierungschef Li Keqiang wolle die Ungleichgewichte energisch angehen, sagte der Weltbankchef von seinen Gesprächen mit dem Vizepremier, der auf dem jüngsten Parteitag der Kommunistischen Partei zur Nummer Zwei in der chinesischen Machthierarchie aufgestiegen war.

Chinas Regierung will mit der Weltbank bei der Lösung der Probleme durch die dramatische Urbanisierung kooperieren. Dafür soll gemeinsam eine Studie angefertigt werden, sagte Kim. Um 2030 dürften fast zwei Drittel der chinesischen Bevölkerung in städtischen Gebieten leben. Jährlich strömten rund 14 Millionen Menschen in die Städte.

Urbanisierung treibe zwar Wachstum und Lebensstandard an, bringe aber enorme Herausforderungen für Umwelt, Nahrungsmittelsicherheit sowie Gesundheits- und Bildungswesen, sagte der Weltbankchef. Chinas künftiger Premier suche ein „strategisches Vorgehen zur Bewältigung dieser drängenden Probleme“. „Er wird die schwierigen Fragen angehen“, zeigte sich Kim überzeugt.

Die gegenwärtigen Anzeichen für eine Erholung des chinesischen Wachstums sind aus seiner Sicht ermutigend. Es ist nach seiner Darstellung nicht nur eine vorübergehende Erscheinung, die schnell verpufft. „Ich denke nicht, dass es ein Strohfeuer ist“, antwortete Kim auf eine entsprechende Journalistenfrage. Nach einem schlechten dritten Quartal, in dem nach Expertenansicht die Talsohle erreicht wurde, legt das Wachstum inzwischen wieder zu.

Die chinesische Regierung rechnet mit 7,5 Prozent Wachstum im ganzen Jahr. Es wird auch eingeräumt, dass das Ziel eines zehnprozentigen Handelswachstums wegen des Rückgangs der Exporte in das schuldengeplagte Europa und die schwächelnden USA klar verfehlt werden dürfte. Bei seinem China-Besuch war der Weltbankchef auch in die 2008 von dem verheerenden Erdbeben heimgesuchte Provinz Sichuan gereist, wo rund 90 000 Menschen ums Leben gekommen waren.

Die Herausforderungen für die asiatische Volkswirtschaft waren auch Thema auf dem „Hamburg Summit - China meets Europe“ mit Unternehmern, Politikern und Wissenschaftlern, der am Freitag in der Hansestadt zu Ende ging. „Wir brauchen eine neue Balance, die den Markt stärker als bisher gegenüber dem Staat begünstigt und bei der die Entwicklung des chinesischen Binnenmarktes sowie Innovationen eine viel größere Rolle spielen“, betonte EU-Handelskommissar Karel De Gucht auf dem Treffen. Um nachhaltiges Wachstum der chinesischen Wirtschaft zu garantieren, müssten die notwendigen Reformen angeschoben werden.

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