Was steckt wirklich hinter den Aachener Abgastests?

Firmen unterstützen Studien an öffentlichen Forschungseinrichtungen. So bekannt, so normal. Doch eine Untersuchung zu Stickstoffdioxid sorgt für Aufregung.

Eine Forschungsvereinigung deutscher Autobauer hat eine Studie an der Universität Aachen finanziell gefördert, die die Wirkung von Stickstoffdioxid (NO2) auf den menschlichen Körper untersucht. (Symbolbild)

Eine Forschungsvereinigung deutscher Autobauer hat eine Studie an der Universität Aachen finanziell gefördert, die die Wirkung von Stickstoffdioxid (NO2) auf den menschlichen Körper untersucht. (Symbolbild)

Foto: dpa

Berlin/Aachen. Eine Forschungsvereinigung deutscher Autobauer hat eine Studie an der Universität Aachen finanziell gefördert, die die Wirkung von Stickstoffdioxid (NO2) auf den menschlichen Körper untersucht. NO2 ist der Schadstoff, dessen Messwerte von Volkswagen in den USA jahrelang manipuliert worden waren. Doch was genau steckt hinter der Untersuchung in Aachen? Und sind solche Tests an Menschen üblich? Einige Antworten.

Es ging darum, die gesundheitlichen Auswirkungen verschiedener NO2-Konzentrationen auf die Gesundheit zu testen. Dafür verbrachten 25 Probanden, laut den Forschern in der erster Linie Studenten, jeweils drei Stunden in einem rund 40 Quadratmeter großen Versuchsraum, in den das Gas eingeleitet wurde. Institutsleiter Thomas Kraus erklärte, die Konzentrationen seien vergleichbar mit der in der Umwelt vorhandenen gewesen. Die Probanden hatten ihrer Teilnahme schriftlich zugestimmt.

Die Forscher nahmen unter anderem die Lungenfunktion und Blutwerte der Probanden unter die Lupe. Dabei stellten sie fest, dass die Daten keine „beträchtlichen akute Negativwirkungen“ bei den Probanden nahelegten.

Bei geplanten Studien mit Menschen am Aachener Universitätsklinikum muss grundsätzlich die Ethikkommission zustimmen. Die Zustimmung sei nachvollziehbar, wie ein Sprecher des Uni-Klinikums meinte: Wenn Probanden einem Stoff unterhalb des Grenzwertes ausgesetzt werden, sei das per Definition nicht problematisch. Das seien Werte wie sie ein Lkw-Fahrer oder ein Busfahrer jeden Tag erlebe. In einem modellhaften Versuch sei es durchaus statthaft, Menschen einmal einem solchen Einfluss auszusetzen.

Nein. Der Fokus lag nicht auf Autoabgasen. Die Tests seien zudem im Jahr 2013 - und damit vor dem öffentlichen Bekanntwerden des VW-Dieselskandals - gemacht worden, sagte Institutsleiter Kraus. Er betont: „Es gibt keinen Zusammenhang mit dem Dieselskandal.“

Dass Menschen absichtlich giftigen Stoffen ausgesetzt werden, um deren Wirkung zu erforschen, ist laut einem Experten im Umweltbundesamt „ungewöhnlich“ und eher selten. „Im Umwelt-Bereich ist es völlig unüblich“, sagte der Leiter der Abteilung Umwelthygiene, Wolfgang Straff. Anders sei es vielleicht im Bereich Arbeitsschutz. „Wir brauchen solche Studien nicht“, sagte Straff: „Es ist klar, dass Stickoxid eine schädliche Wirkung hat.“

„Im internationalen Vergleich arbeitet die deutsche Wirtschaft bei Innovationsprojekten überdurchschnittlich häufig mit Hochschulen zusammen“, heißt es in einem Bericht des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft. In Deutschland pflegt demnach mehr als die Hälfte der Unternehmen Kooperationen mit Hochschulen. Durch die Zusammenarbeit werden Unternehmen auch zu Finanzgebern für die Wissenschaft - der Befragung zufolge sehen die Hochschulen ihre Unabhängigkeit dadurch aber nicht gefährdet.

Toxikologische Versuche an Affen sind leider gängig, auch in Deutschland“, sagte Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Im Jahr 2016 seien laut einer Statistik des Landwirtschaftsministeriums in Deutschland 1789 Affen für Versuche mit giftigen Substanzen genutzt wurden. „Typisch sind dabei wiederholte Gaben über 28 Tage hinweg“, sagte Gericke. Aus Sicht von Ärzte gegen Tierversuche könnten aus solchen Affenstudien keine Rückschlüsse für den Menschen gezogen werden.

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