Volles Rohr gegen Russland

Das Projekt soll Europas Gaslieferungen sichern.

Brüssel. "Vorneweg, Nabucco ist kein antirussisches Projekt" - so beginnen derzeit viele Erklärungen von EU-Diplomaten, wenn über die geplante Gaspipeline gesprochen wird. Tatsächlich aber ist das Vorhaben eine Provokation gegenüber Russland. Wie sollte es anders sein? Schließlich ist es Ziel der EU, sich vom Gaslieferanten Russland unabhängiger zu machen - insbesondere nach den Erfahrungen des vergangenen Winters, als die Russen den Druck in den Pipelines drosselten und deshalb Slowaken und Bulgaren froren.

Für knapp acht Milliarden Euro soll von 2011 an eine Röhre entstehen, durch die vier Jahre später jährlich 31Milliarden Kubikmeter Gas fließen sollen, fünf bis zehn Prozent des europäischen Bedarfs. Kein Wunder, wenn die russische Regierung nicht begeistert ist von der 3300-Kilometer-Pipeline, die Europa - unter Umgehung Russlands - mit Gas aus dem kaspischen Becken und Zentralasien versorgen soll.

Der Kreml hat den Europäern bereits mehrfach indirekt gedroht. So deutete Premier Putin an, der EU langfristig russische Vorkommen vorenthalten zu wollen. Zudem hat Putin Serbien und Bulgarien dazu gebracht, den geplanten Bau einer konkurrierenden Süd-Röhre namens South Stream von Russland nach Italien zu unterstützen.

Alle diese Muskelspiele haben nichts genutzt. Am Montag haben die fünf Länder, durch die Nabucco führen soll, einen Grundvertrag unterzeichnet - Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Türkei. Die Unterzeichner sowie ihre Verbündeten wie die Essener RWE, die dem Konsortium angehört und sich dabei von Ex-Außenminister Joschka Fischer beraten lässt, kommen damit einen Schritt voran. So verpflichtet der Vertrag jedes Transitland, auch in Krisenzeiten Gas weiterzuleiten.

Damit sind längst nicht alle Probleme gelöst. So sagen Kritiker neben technischen und politischen Schwierigkeiten Engpässe beim Angebot voraus. EU-Beamte widersprechen. Sie verweisen auf Felder im Irak sowie Vorkommen in Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan, deren Volumen reichen würde, um mehrfach die Mindestladung zu liefern.

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