US-Banker stehen am Pranger

Die Vorstandschefs müssen sich vor dem Kongress verantworten. Sie sind sich aber keiner Schuld bewusst.

Washington. Sie sind mitverantwortlich für das größte Bankendebakel seit der Weltwirtschaftskrise, nun müssen die Vorstandschefs der amerikanischen Großbanken Rechenschaft ablegen. Vor einem Sonderausschuss des Kongresses sollten die Bosse ihre Fehler einräumen und erzählen, welche Konsequenzen sie aus der globalen Finanzkrise gezogen haben. Schon zum Auftakt der mehrtägigen Anhörungen auf dem Kapitolshügel in Washington wurde aber klar: Viel dazugelernt haben sie nicht.

Phil Angelides, der frühere Finanzminister von Kalifornien und nun Vorsitzender der im vergangenen Mai gegründeten Financial Crisis Inquiry Commission (FCIC), nahm kein Blatt vor den Mund: "Die Nation ist empört", sagte Angelides, "ebenso über die von Steuerzahlern bestrittenen Rettungspakete wie über die nach wie vor hohen Bonizahlungen selbst bei jenen Geldhäusern, die auch heute noch den Kredithahn abdrehen und damit die wirtschaftliche Erholung erschweren".

Dabei wollte Lloyd Blankfein, Chef des Wertpapierhauses Goldman Sachs, von Fehlern nichts wissen. Sein Unternehmen sei lediglich "in den Strudel des Marktes" geraten. Auch verteidigte er jenes umstrittene Geschäftsmodell, wonach Goldman Sachs riskante Anleihen verkauft und anschließend darauf setzt, dass diese an Wert verlieren. Auf die Frage, ob der Konzern ohne das Bankenrettungspaket im Wert von 700 Milliarden Dollar die Krise überlebt hätte, wusste er allerdings keine Antwort.

Auch Jamie Dimon, Vorstandschef der Großbank JP Morgan Chase, schien sich keiner Schuld bewusst zu sein. Der größte Fehler der Branche habe nach seiner Darstellung darin bestanden, von einem endlosen Anstieg der Häuserpreise auszugehen und daran Investitionsentscheidungen auszurichten. Auch gebe es an den enormen Bonizahlungen für seine Manager nichts auszusetzen. Während der Krise sowie heute "waren und sind sie angemessen" meinte Dimon.

Einig waren sich Blankfein sowie Dimon und die Chefs der Bank of America und des Investmentunternehmens Morgan Stanley darin, dass die Finanzaufsicht deutlich verschärft werden muss und künftig privates Kapital anstelle von Steuergeldern verwendet wird, um wankende Großbanken zu stabilisieren.

Am letzten Tag der Anhörungen wurden US-Finanzminister Timothy Geithner sowie Notenbankchef Ben Bernanke vor dem Sonderausschuss erwartet, die sich ebenfalls für striktere Finanzaufsicht einsetzen wollen.

Die Kommission soll der Regierung einen Bericht mit Empfehlungen für eine effektivere Finanzmarktaufsicht vorlegen. Zu den erwarteten Eckpunkten könnten schärfere Aufsichtsregeln, höhe Bonibesteuerung sowie die Gründung eines "Konkursgerichts" zählen, das für eine geregelte Auflösung von Problembanken zuständig wäre.

Dabei äußern Experten hartnäckige Zweifel an der Wirksamkeit des FCIC und wittern sogar einige Gefahren. Zeitgleich mit den Anhörungen in Washington versuchen nämlich leitende Senatoren hinter verschlossenen Türen Einzelheiten eines Gesetzesentwurfs für eine neue Finanzarchitektur auszuhandeln. Einige befürchten sogar, dass die Arroganz der Banker, die während der Anhörungen selbstsicher lächelten und den Ausschussvorsitzenden sogar häufig unterbrachen, eine neue Welle öffentlicher Empörung auslöst und die Chancen auf einen Kompromiss beeinträchtigt.

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