Um den Verfall zu verhindern: Städte kaufen Warenhäuser

Karstadt in Iserlohn gehört jetzt der Stadt, um bei einer Schließung gewappnet zu sein. Herne übernimmt Hertie-Ruine.

Um den Verfall zu verhindern: Städte kaufen Warenhäuser
Foto: Stadt Iserlohn

Düsseldorf. Eine Kaufhausruine in bester Innenstadtlage, die jahrelang vor sich hin rottet — für Bürgermeister und Stadtentwickler ist das eine Horrorvorstellung. Bittere Wahrheit wurde sie in Herne. Seit der Hertie-Pleite 2008 ist das alte Warenhaus ungenutzt — und damit 5000 Quadratmeter Grundstücksfläche mitten im Stadtzentrum.

„Das ist eine Katastrophe für jede Stadt“, sagt Peter Paul Ahrens. Der Bürgermeister von Iserlohn will dieses Szenario bei sich unbedingt verhindern. Deshalb hat er im Oktober mit Zustimmung des Stadtrats das Karstadt-Gebäude gekauft. Die Filiale zählt zu den Wackelkandidaten des angeschlagenen Konzerns. Vor zwei Wochen wurde bekannt, dass sechs Filialen definitiv geschlossen werden, darunter in Köln und Paderborn. „Wir wollen im Fall der Fälle handlungsfähig sein“, sagt der Bürgermeister.

Damit ist er nicht allein. Die Vermögensverwaltungsgesellschaft CR Investment Management vermarktet im Auftrag der Hertie-Gläubigerbank die auch Jahre nach der Pleite noch übrig gebliebenen Immobilien. 20 der 32 Gebäude wurden im Laufe des Jahres verkauft. In drei Fällen an Städte (Köln, Gronau, Peine), in drei weiteren Fällen an Stadttöchter oder Genossenschaften (Bocholt, Lünen, Gelsenkirchen).

Direktor Sebastian Mogos-Lindemann sagt: „Wenn eine Stadt gestalterisch eingreifen will, muss sie kaufen.“ In jedem Fall aber müssten sich die Stadtspitzen darüber klar werden, welches Nutzungskonzept bei ihnen Zukunft hat. „Mancherorts bietet es sich an, nur auf einigen Etagen Einzelhandel anzusiedeln und den Rest als Büro- oder Wohnraum zu vermarkten“, sagt er.

So sieht es auch der Bürgermeister von Iserlohn. „Wir können uns vorstellen, einige bürgernahe Ämter in dem Gebäude unterzubringen. Aber auch altersgerechtes Wohnen in der Innenstadt ist ein Thema“, sagt Ahrens. Allerdings hat er es keineswegs eilig: „Wir refinanzieren den Kauf über die Miete. Der Vertrag kann erstmals 2021 gekündigt werden. Wir haben also gar kein Interesse an einer kurzfristigen Schließung der Karstadt-Filiale.“ Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die Stadt verrät lediglich, dass sie seit 2005 mit dem Konsortium Highstreet, dem letzten Besitzer der Immobilie, verhandelt hat.

Im Fall von Karstadt geht Sebastian Mogos-Lindemann nicht von einer ähnlich dramatischen Entwicklung wie bei Hertie aus. „Ich glaube nicht daran, dass Karstadt in seiner Gesamtheit insolvent wird. Es wird einen Anteil wirtschaftlicher Filialen geben, der überlebt.“

In Herne zeichnet sich nach Jahren des Stillstands eine Lösung für das inzwischen durch einen Wasserschaden stark beschädigte Gebäude ab. „Wir stehen kurz vor dem Abschluss des Kaufvertrages“, sagt Rainer Overath. Der Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung ist gleichzeitig Geschäftsführer einer Stadttochter, die die Ruine erwerben soll. Dass sich fünf Jahre lang kein Investor gefunden hat, erklärt Overath so: „Die Preisvorstellungen des Investors waren zunächst überzogen. Zudem steht die Fassade unter Denkmalschutz. Das ist für keinen Investor wirtschaftlich.“

Die Stadt hofft, dass es ihr nun gelingt, den Denkmalschutz aufheben zu lassen. Das Gebäude soll abgerissen und das Grundstück an einen Investor verkauft werden. „Wir wollen endlich neuen Schwung in die Stadt bringen“, sagt Overath. „Wir haben damals nicht nur das größte Kaufhaus der Stadt verloren, sondern auch einen wichtigen Frequenzbringer am nördlichen Eingang zur Innenstadt. Hier atmet jeder Einzelhändler auf, wenn sich endlich etwas tut.“

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