Trotz Verpackungsgesetz: Weniger Mehrweg, mehr Plastikmüll

Bei Getränken ist Mehrweg hierzulande auf dem Rückzug. Verpackungen aus Kunststoff legen dagegen zu. Dass sich das ab 2019 ändert, ist unwahrscheinlich.

Trotz Verpackungsgesetz: Weniger Mehrweg, mehr Plastikmüll
Foto: dpa

Düsseldorf. Eigentlich weiß es jeder: Mehrwegflaschen sind umweltfreundlicher als Einwegflaschen. Trotzdem greifen die Verbraucher immer seltener zu Getränkekästen. Mit dem neuen Verpackungsgesetz, das 2019 in Kraft tritt, will die Politik gegensteuern. Wir erläutern die Details.

2004 lag der Mehrweg-Anteil bei Getränken noch bei 66,3 Prozent. Dieser Wert ist stetig gefallen und lag 2015 (jüngere Zahlen kann das Bundesumweltministerium auf Anfrage nicht nennen) nur noch bei 44,3 Prozent. Nur 30,6 Prozent der Erfrischungsgetränke werden als Mehrweg verkauft, bei Wasser sind es knapp 40 Prozent. Bei Bier liegt der Anteil mit 82,9 Prozent erheblich höher. Hier wirkt sich das 2003 eingeführte Dosenpfand nach wie vor sehr positiv aus.

Discounter wie Lidl und Aldi bieten Getränke nur in Einweg-Verpackungen, weil ihnen die Logistik mit Mehrwegkästen und Leergut zu aufwendig ist. Einweg ist zudem ein gutes Geschäft: Die PET-Flaschen lassen sich als sortenreines Plastik gut weiterverkaufen — zur Herstellung neuer Flaschen, aber auch für die Polyester-Produktion. Dass das Pfand mit einheitlich 25 Cent höher als bei Mehrweg (acht oder 15 Cent) liegt, schreckt die Kunden nicht ab.

Beim Mehrweg-Anteil ist nur noch von einer Zielquote von 70 Prozent die Rede. Bislang waren es in der Verpackungsverordnung sogar 80 Prozent. Wenn das nicht gelingt, waren und sind keine Sanktionen vorgesehen. Um die Kunden zum Mehrweg-Kauf anzuregen, müssen die Geschäfte künftig am Regal auszeichnen, wo Mehrweg- und wo Einwegflaschen stehen. Damit soll auch verhindert werden, dass die Verbraucher „Pfand“ mit „Mehrweg“ verwechseln.

Alle Studien zeigen, dass Mehrwegflaschen aus PET am besten abschneiden. Sie liegen ganz knapp vor Mehrweg-Glasflaschen. Denn Glasflaschen sind zwar schwerer, so dass für ihren Transport mehr Energie gebraucht wird. Dafür können Glasflaschen bis zu 50-mal neu befüllt werden, während bei den PET-Flaschen in der Regel nach 15 Befüllungen Schluss ist. Einwegbehälter aus Plastik (Knitterflaschen) sind mit Blick auf die Umwelt nicht empfehlenswert. Noch schlechter schneiden nur Dosen und Einwegflaschen aus Glas ab.

Obwohl der Mehrweg-Anteil in Deutschland sinkt, ist die Quote im internationalen Vergleich immer noch sehr hoch. Bei unseren europäischen Nachbarn ist Mehrweg weitgehend vom Markt verschwunden, weil weder die Hersteller noch der Handel Interesse an diesem logistisch aufwendigen System haben. „Deutschland hat heute das weltweit größte und intakteste Mehrwegsystem im Getränkebereich“, urteilt die Deutsche Umwelthilfe.

Ziel ist es, die Recyclingquoten für eine Fülle von Wertstoffen zu erhöhen. Einweggetränkedosen aus Aluminium, Eisenmetalle und Weißblech sollen ab 2019 zu 80 Prozent, ab 2022 zu 90 Prozent wiederverwertet werden. Für Verbundstoffe und Getränkekartons gilt das ebenfalls. Am deutlichsten erhöht sich die Quote für Kunststoffverpackungen von bisher 36 Prozent auf 63 Prozent bis zum Jahr 2022.

Viele Experten bezweifeln das, weil Verpackungen aus verschiedenen Kunststoffen zusammengeklebt oder verschmutzt sind. Hier stößt Wiederverwertung an Grenzen. Hinzu kommt, dass der Export von Plastikmüll nach Asien nicht mehr wie bisher funktioniert. China hat seine Grenzen weitgehend geschlossen. Ob die Ausfuhr des Abfalls nach Indien möglich bleibt, ist offen.

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