Tengelmanns US-Tochter A&P ist pleite

Mülheim/Montvale (dpa) - Kaum sind die Baustellen von Tengelmann in der Heimat nahezu abgearbeitet, tun sich in Übersee neue auf: Die US-Tochter A&P ist in die Insolvenz geschlittert. Das Geschäft läuft aber erstmal weiter.

Die Kaufzurückhaltung der Amerikaner, eine missglückte Übernahme und die Konkurrenz von gigantischen Supermarktketten wie Wal-Mart haben dem Traditionsunternehmen, dessen Wurzeln bis 1859 zurückreichen, schwer zugesetzt. Hiesigen Kunden ist A&P vor allem als Eigenmarke von Kaiser's Tengelmann bekannt.

„Auf Deutschland wird die Insolvenz keine Auswirkungen haben“, sagte eine Tengelmann-Sprecherin am Montag. Die Rechte an der Eigenmarke habe Tengelmann zwischenzeitlich gekauft. Tengelmann war 1979 bei The Great Atlantic & Pacific Tea Company eingestiegen und hält aktuell 38 Prozent. „Das war unser Schritt über den großen Teich“, sagte sie. Zum damaligen Kaufpreis konnte sie keine Angaben machen. Nach der Insolvenz muss Tengelmann den Wert auf Null abschreiben.

A&P hat 395 Filialen und erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr mit mehr als 40 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 9,5 Milliarden Dollar (7,2 Mrd Euro). Damit gehört A&P zu den mittelgroßen Spielern am Markt. Diese leiden schwer unter der Wirtschaftskrise, die die Bürger in den Vereinigten Staaten wesentlich härter getroffen hatte als die Deutschen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, die Aussichten sind unsicher. Entsprechend zurückhaltend sind die Kunden beim Einkaufen.

Hinzu kommt, dass in den USA gigantische Einzelhandelsketten den Ton angeben, allen voran Wal-Mart. Mit Dumpingpreisen nehmen sie der Konkurrenz die Kunden weg. Nun drängt Wal-Mart mit kleineren Läden auch noch in das Stammgebiet von A&P, die dicht besiedelte und wohlhabende Ostküste. So will Wal-Mart in New York City sein erstes Geschäft überhaupt eröffnen. Das dürfte einen Preiskampf auslösen. Bislang sind Lebensmittel in der Millionenmetropole teurer als im Rest des Landes.

Zu A&P gehören etwa die in Manhattan verbreitete Feinkostkette The Food Emporium und die Pathmark-Supermärkte. Deren Übernahme kurz vor dem Hochkochen der Krise erwies sich als fataler Fehler, wie Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub einräumt: „Durch die Übernahme und die schwierige Integration der Pathmark-Filialen im Jahr 2007 musste A&P eine große finanzielle Belastung schultern.“ A&P ist derzeit mit 3,2 Milliarden Dollar verschuldet.

Auch Tengelmann hat schwere Zeiten durchgemacht. Das Familienunternehmen aus Mülheim an der Ruhr wollte zum Global Player aufsteigen und kaufte sich dafür bei A&P ein. Doch das Firmengeflecht wurde zu unübersichtlich. Hinzu kam die harte Konkurrenz von Discountern wie Aldi und Lidl. Karl-Erivan Haub stutzte Tengelmann wieder zurecht.

Heute gehören zur Gruppe die Supermärkte von Kaiser's Tengelmann, der Textilhändler Kik, die Baumarktkette Obi sowie seit kurzem auch die deutschen Billigwarenhäuser von Woolworth. Die deutschen Filialen seines eigenen Discounters Plus gab Tengelmann an den Rivalen Edeka ab. Tengelmann kam im Geschäftsjahr 2009 auf einen Umsatz von gut 11,3 Milliarden Euro und schreibt Gewinne. Dagegen verbuchte A&P anhaltende Verluste.

Die Insolvenz markiert den Tiefpunkt in der 151-jährigen Geschichte von A&P. Noch vor dem amerikanischen Bürgerkrieg gegründet, entwickelte sich The Great Atlantic & Pacific Tea Company zum größten Einzelhändler der Vereinigten Staaten mit in der Spitze rund 16 000 Filialen in den 1930ern Jahren. Gigantische Warenhäuser, wie sie Wal-Mart im ganzen Land auf die grüne Wiese stellte, läuteten den Niedergang ein.

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