Strauss-Insolvenz: Deutsche kaufen lieber Autos

Das Geld der Verbraucher sitzt zwar locker, kommt aber nicht bei Einzelhändlern wie Strauss an.

Strauss-Insolvenz: Deutsche kaufen lieber Autos
Foto: Martin Gerten

Düsseldorf/Langenfeld. Es könnte so gut laufen für den Einzelhandel, denn schließlich sind „die Rahmenbedingungen für den Konsum in Deutschland selten so günstig“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE.

Die Beschäftigung ist hoch, die Einkommensperspektiven sind rosig, und die Sparquote sinkt angesichts niedriger Zinsen auf Sparbuch und Festgeldkonto. Es lohne sich derzeit kaum, Geld auf die hohe Kante zu legen, sagt Handelsexperte Thomas Harms von der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Bei den Verbrauchern sitzt das Geld so locker, wie lange nicht, aber es kommt trotzdem nicht bei den Händlern an.

Nach einer Prognose von gestern steigen die Umsätze im Handel 2014 um nur 1,5 Prozent auf 439,7 Milliarden Euro. Der Handel stagniert, einige Firmen geraten gar unter Druck — wie die Warenhausketten Karstadt und Strauss Innovation.

Karstadt schreibt nach wie vor rote Zahlen und stellt alle 83 Filialen auf den Prüfstand. Wegen „signifikanter Verluste“ insbesondere in den vergangenen Monaten geriet Strauss in eine finanzielle Schieflage. Wie gestern bekannt wurde, muss das Unternehmen bis Ende März bei Gericht einen Sanierungsplan vorlegen. Strauss hatte ein Schutzschirmverfahren beantragt. Ziel sei die Fortführung des Unternehmens, sagte ein Sprecher gestern. Alle 96 Filialen blieben vorerst geöffnet.

Strauss nannte als einen Grund für die Schieflage das milde Winterwetter. EY-Experte Wolf Wagner stimmt teilweise zu: „Es gab keinen Winter, entsprechend kam das gesamte Bekleidungsgeschäft unter den Hammer.“ Die regelmäßigen Rabattschlachten der Firmen schaden aber massiv der Marge. Doch das Wetter allein sei nicht schuld, vielmehr gäben die Deutschen ihr Geld lieber für andere Dinge aus, etwa Reisen oder Autos. „Die Kleiderschränke sind voll“, sagte auch HDE-Chef Gent.

Zudem sind bei vielen Warenketten die Schwierigkeiten hausgemacht, sagen Experten. Die Konzepte seien verfehlt. Das scheint auch Strauss einzusehen, denn es sind bereits vor den jüngsten Problemen erste Warenhäuser etwa in Köln umstrukturiert worden. Händler müssten sich schneller auf Vorlieben der Kunden einstellen.

Eine dieser Vorlieben ist der Kauf im Internet. Während der Handel insgesamt stagnierte, konnte der Internetversandhandel zulegen. Mit einem Plus von sieben Prozent erwirtschaftete das Onlinegeschäft rund 33,1 Milliarden Euro des Gesamtumsatzes im Handel von 433,2 Milliarden Euro — Tendenz steigend.

Für Harms steht deshalb fest: Einzelhändler müssen auch im Internet präsent sein. Tatsächlich haben Ketten wie H&M, C&A, Zara oder Esprit eigene Internetshops, auch, um sich gegen Onlinehändler wie Zalando und Co. behaupten zu können.

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