Handelskonflikt als Risiko Stabiler Wirtschaftsauschwung in Deutschland

Berlin (dpa) - Bei dem seit Jahren anhaltenden Wirtschaftsaufschwung in Deutschland mehren sich aus Sicht führender Forscher die Risiken. Zwar gehe der Boom weiter, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser bei der Vorlage des Frühjahrsgutachtens in Berlin.

Handelskonflikt als Risiko: Stabiler Wirtschaftsauschwung in Deutschland
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„Allerdings wird die Luft dünner, da die noch verfügbaren gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten knapper werden.“ In den Unternehmen gebe es bereits eine hohe Kapazitätsauslastung, die zuletzt noch einmal gestiegen sei. Die Firmen sehen aber einen Mangel an Fachkräften als immer größeres Problem. Ein Risiko sei auch der laufende Handelskonflikt mit den USA.

Aktuell aber ist die deutsche Wirtschaft in Top-Form: Der deutsche Export profitiert laut der Prognose vom Aufschwung der Weltwirtschaft, außerdem bleibe der private Konsum stark. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute hoben ihre Wachstumsprognose für dieses und nächstes Jahr leicht an. Die Forscher erwarten nun für das laufende Jahr 2,2 Prozent Wirtschaftswachstum und für das kommende Jahr 2,0 Prozent. Im Herbst hatten sie noch mit einem Plus von 2,0 und 1,8 Prozent gerechnet.

Der Aufschwung kommt auch bei den Beschäftigten an. Die Forscher erwarten einen Anstieg der Verdienste von rund durchschnittlich drei Prozent. Zwar steige die Inflationsrate auf 1,9 Prozent im nächsten Jahr. Dennoch bleibe den privaten Haushalten ein deutliches Plus bei der Kaufkraft. Das wiederum stärkt den privaten Konsum als wesentliche Stütze des Wirtschaftsaufschwungs. Die Zahl der Erwerbstätigen nehme zu, die Arbeitslosigkeit sinke.

Vorhaben der großen Koalition würden die privaten Haushalte zusätzlich entlasten - etwa die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Unternehmen. Durch die zunehmende Knappheit an Arbeitskräften gewinnen aus Sicht der Ökonomen übertarifliche Gehaltsbestandteile an Bedeutung.

Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute forderten die Bundesregierung aber zu einer nachhaltigen Politik vor allem bei den Staatsfinanzen auf. Die „Leistungsversprechen“ der Koalition bei der Rente seien auf Dauer angesichts der demografischen Entwicklung nicht finanzierbar, die Politik müsse gegensteuern. Sonst drohe etwa ein höheres Renteneinstiegsalter. Die Regierung will bis 2025 das Rentenniveau - das Verhältnis zum Lohn - nicht unter 48 Prozent fallen lassen, der Beitragssatz soll nicht über 20 Prozent steigen.

Der Fachkräftemangel führe vor allem am Bau und in der Industrie, aber auch im Dienstleistungssektor dazu, dass Unternehmen zunehmend an die Grenzen ihrer Kapazitäten stießen. Deutschland müsse darauf reagieren und auch mehr hoch qualifizierte Arbeitnehmer ins Land holen.

Eine Gefahr der „Überhitzung“ - also eines Kippens der wirtschaftlichen Entwicklung - sehen die Forscher aber aktuell nicht. Die Inflationsrate steige zwar, aber moderat. Außerdem gebe es noch keine Anzeichen für eine „Kreditblase“, was typisch für eine Überhitzung sei, sagte Roland Döhrn vom RWI-Institut.

Spitzenverbände der Wirtschaft warnten vor zunehmenden Risiken. Der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbandes BDI, Joachim Lang, sagte, trotz aktuell guter Zahlen machten „Wachstumsbremsen“ den Firmen zu schaffen. Dazu zählten neben dem Fachkräftemangel auch ein schleppender Breitbandausbau sowie ausbleibende Anreize für private Investitionen. DIHK-Experte Volker Treier sagte, die Engpässe für die Unternehmen würden immer „prekärer“.

Auch Treier verwies auf das Fachkräfteangebot sowie Transportkapazitäten oder die „überbordende“ Bürokratie. Außerdem hätten Handelskonflikte - etwa zwischen den USA und China - das Potenzial, die Konjunktur weltweit deutlich abzuschwächen und damit auch die deutsche Wirtschaft empfindlich zu treffen.

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