Spaniens „Boss der Bosse“ in Not

Die Fluglinie des Arbeitgeberpräsidenten ist insolvent. Die gesamte Firmengruppe wankt.

Madrid. Unter den Angestellten des Reiseunternehmens Viajes Marsans herrschte Jubel. Mitarbeiter einer Niederlassung in Madrid hatten bei der spanischen Weihnachtslotterie den Hauptgewinn gezogen und können mehr als 200 Millionen Euro unter sich aufteilen. Ihr Chef dagegen dürfte betrübt dreingeschaut haben. Am Tag der Ziehung kündigte die spanische Regierung der Fluggesellschaft Air Comet von Gerardo Díaz Ferrán die Lizenz auf.

Die zur Marsans-Gruppe gehörende Airline ist pleite. Laut Verkehrsminister José Blanco war Air Comet so bankrott, dass sie zuletzt "nicht einmal den Treibstoff für die Flugzeuge bezahlen konnte". Für Díaz Ferrán ist die Pleite besonders peinlich, denn er ist der Präsident des spanischen Arbeitgeberverbandes. Die Madrider Presse forderte den 66-Jährigen einhellig zum Rücktritt auf. Ein Unternehmer, der seine Firma in den Ruin wirtschafte, könne nicht länger der "Boss der Bosse" sein, hieß es.

Die Pleite von Air Comet könnte weitere Kreise ziehen. Díaz Ferrán steht zusammen mit seinem Geschäftspartner Gonzalo Pascual an der Spitze des Firmen-Imperiums, der Grupo Marsans. Dabei handelt es sich um ein Geflecht von Dutzenden von Touristik-Firmen. Nun besteht die Gefahr, dass das Aus von Air Comet andere Firmen der Gruppe in den Abgrund reißt.

Díaz Ferrán ist einer jener Unternehmer, die den Tourismusboom in den 70er und 80er Jahren in Spanien zum Aufbau großer Reisekonzerne nutzten. Zur Grupo Marsans, die 11 600 Angestellte hat und drei Milliarden Euro Umsatz macht, gehören Fluglinien, Reisebüros, Tourveranstalter, Hotels und Busfirmen.

Díaz Ferrán hatte ganz unten angefangen. Mit zwölf Jahren arbeitete er als Schaffner in einem Bus, der von seinem Vater gesteuert wurde. Nach dem Studium gründete er mit seinem Freund Pascual ein eigenes kleines Busunternehmen. Die beiden Jungunternehmer verfolgten von Anfang an eine expansive Strategie und bauten ein wahres Reise-Imperium auf.

Die Wirtschaftskrise griff jedoch auch auf den Tourismus über. Mehrere Firmen der Marsans-Gruppe sind verschuldet. Viajes Marsans wiederum hatte für einen Teil der Schulden der Fluglinie gebürgt. Die Gläubiger könnten ihr Geld nun von der Reisefirma verlangen, hieß es. Der von Pascual und Díaz Ferraz entworfene Plan zur Sanierung der Gruppe gerät durch die Airline-Pleite massiv ins Wanken.

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