Quittung für „Deepwater Horizon“

Der BP-Konzern muss sich für das Desaster im Golf von Mexiko verantworten.

London. 535 Einzelklagen, 72 Millionen Dokumente und rund 120 000 Kläger. Wenn es um die Aufarbeitung des Öl-Desasters im Golf von Mexiko aus dem April 2010 geht, heißt es vor Gericht: „Jeder gegen Jeden.“

Die US-Regierung sowie mehrere Bundesstaaten und Kommunen klagen gegen BP und andere beteiligte Unternehmen, örtliche Unternehmer sowie Privatleute gegen BP und das britische Unternehmen seinerseits wiederum gegen seine Partnerfirmen, darunter die Firma Halliburton, die von BP für eine fehlerhafte Betonmischung beim Abdichten der Ölquelle verantwortlich gemacht wird.

Am Montag soll der Mammutprozess um Entschädigungs-Milliarden in New Orleans beginnen — hinter den Kulissen ist das Gerangel um eine außergerichtliche Einigung in vollem Gange. Aus Verhandlungskreisen wird gestreut, dass — zumindest was die Beteiligung von BP angeht — bald schon weißer Rauch aufsteigen könnte.

Dann wäre der größte Batzen aus dem Prozess schon einmal rausgenommen. Vom Tisch wäre das Verfahren deswegen aber nicht. „Wir sind an einem Vergleich durchaus interessiert“, sagt ein Sprecher im Londoner Konzern-Hauptquartier. „Aber nicht um jeden Preis.“ Analysten sowohl in London als auch in den USA sehen in dem Prozess ein großes Risiko für BP — eine Art Glücksspiel.

BP ist das Leck an seiner Ölquelle Macondo bereits teuer zu stehen gekommen. Nicht nur, dass elf Arbeiter durch die Explosion der Plattform „Deepwater Horizon“ ums Leben kamen und zwischen vier und fünf Millionen Barrel (je 159 Liter) Öl ins Meer liefen. Der Konzern musste bisher bereits 7,5 Milliarden Dollar (gut 5,6 Milliarden Euro) an Entschädigungen und Kosten für Aufräumarbeiten bezahlen.

Mehr als 200 000 Einzelpersonen und Geschäftsleute sind aus einem Fonds abschließend abgefunden, für den BP 20 Milliarden Dollar bereitgestellt hatte. Insgesamt schätzt der Konzern die Kosten für die Folgen der größten Ölkatastrophe in der US-Geschichte auf bis zu 40 Milliarden Dollar.

Vorstandschef Tony Hayward musste für den US-Amerikaner Bob Dudley Platz machen und der Konzern geriet im Jahr 2010 mit 4,9 Milliarden Dollar in die roten Zahlen. Inzwischen schreibt BP wieder Milliardengewinne. Die US-Regierung kann nach der neuen Umweltgesetzgebung, dem Clean Water Act, künftig für jedes ausgelaufene Barrel Rohöl 1100 US-Dollar Entschädigung verlangen.

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